TV-Tipp des Tages: "Einmal so wie ich will" (ZDF)

TV-Tipp des Tages: "Einmal so wie ich will" (ZDF)
Zum vermutlich ersten Mal in ihrem Leben sagt Emma "Nein"; und das ist erst der Auftakt zu einem vergnüglichen Darstellerduell mit ungewissem Ausgang.
23.12.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Einmal so wie ich will", 31. Dezember, 15.10 Uhr im Zweiten

Das muss man gesehen haben: Wenn Senta Berger Ton in Ton – alles apricot! – durch die Steppe stöckelt, bekommt der Begriff "deplaziert" eine ganz neue Bedeutung. Allerdings wurde es auch Zeit, dass Emma ihrem despotischen Gatten, der zudem fortwährend fröhliche Rassismen von sich gibt, endlich mal die Meinung sagt. Aber nun steht sie da, mutterseelenallein mitten im Busch und ausgerechnet der Großmut eines fast schon autistisch anmutenden Straußenfarmers ausgeliefert.

Vor einigen Jahren hat Autorin Gabriela Sperl eine im Prinzip ganz ähnliche Geschichte erzählt. Doch der Zweiteiler "Eine Liebe in Afrika" (ebenfalls eine teamWorx-Produktion) setzte ganz auf Melodram, zumal der Aids-Hintergrund eher wie ein Vorwand wirkte, um der Liebelei zwischen einem Bischof und einer deutschen Urlauberin ein exotisches Flair zu verleihen. Diesmal konzentriert sich Sperl ganz auf ihre Hauptfiguren, was dem Film enorm gut tut; gerade Götz George spielt konzentriert und verzichtet unter der Regie von Vivian Naefe völlig auf die für ihn typischen Manierismen. Trotzdem gelingt es ihm, unter all der Wortkargheit des verbitterten Witwers viel Würde und Verletztheit aufscheinen zu lassen.

Von derb zu weiblich

Der Reiz der Geschichte besteht vor allem in der Wandlung der Figuren: Emma legt mit dem Wechsel vom Kostüm zu derberer Kleidung auch ihre Weibchen-Attitüde ab. Anfangs ist sie eine fast schon gehässige Ansammlung von Klischees: Vegetarierin, kein Salat nach 18 Uhr und am Rande einer Panik, weil ihre Bachblüten ausgelaufen sind. Angesichts des rustikalen Zustands von Johns Gästezimmer zückt sie als erstes das Desinfektionsfläschchen, nimmt allerdings flugs Reißaus, als sie entdeckt, dass sie die Behausung mit einem harmlosen Käfer teilt.

Nach und nach aber entdeckt sie die natürliche Schönheit Afrikas. In gleichem Maß wird auch Menscheinfeind John langsam zutraulich. Seine Maskenmarotte ist ohnehin eine überdeutliche Metapher: Die afrikanischen Gesichtslarven an den Wänden seines Hauses signalisieren von vornherein, dass der grimmige Einsiedler, der neben den Straußen allein Tochter Marnie (Jeanette Hain) in seiner Nähe duldet, weit weniger bärbeißig ist, als er zu sein vorgibt.

Grollender Dritter im Bunde ist Peter Simonischek als Emmas Mann Ferdinand, dem der Ausbruch aus seinem Charakterkäfig allerdings nicht gelingt. Er ist bloß auf’s Geld fixiert und hat seine Frau nie zur Entfaltung kommen lassen. Der düstere Epilog sechs Monate nach Emma reumütiger Rückkehr legt nahe, dass sich in der Ehe nichts geändert hat. Alle wollen zwar, aber keiner kann aus seiner Haut; gemessen an der sonstigen Silvester-Fröhlichkeit eine ungewohnt pessimistische Botschaft.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).