"Der Nikolaus im Haus", 24. Dezember, 20.15 Uhr im Ersten
Manchmal werden Wünsche eben doch wahr, und das gilt keineswegs bloß für diese zauberhafte Geschichte. Weil der heutige Heiligabend ein Freitag ist, kann das "Erste" eine seiner üblichen Romanzen zeigen. Wenn dann auch noch Christine Neubauer mitspielt, genügt in der Regel ein flüchtiger Blick auf die Inhaltsangabe, denn den Rest kann man sich vorstellen: Die Geschichten, die ihre Landärztinnen im Tal des Schweigen erleben, sind ohnehin immer die gleichen. Aber wenn man es sich nach der Bescherung vor dem Fernseher gemütlich machen will, ist dieser Film mit seiner Vermittlung von Lebensmut sowie der Balance zwischen Rührseligkeit und Kitsch genau das Richtige.
Natürlich sind in auch dieser moderat dramatischen Geschichte (Buch: Henner Höhs, Regie: Gabi Kubach) die Rollen klar verteilt; es gehört schließlich zu den Freitagsgrundsätzen, dass Gut und Böse auf Anhieb identifizierbar sind. Allerdings treiben die Bösen ein finsteres Spiel: Mit Hilfe ihres korrupten Geschäftsführers wird Bäckerin Klaudia (Neubauer) von ihrem stillen Teilhaber Lehmann (Helmut Berger) derart übers Ohr gehauen, dass sie sogar ins Gefängnis muss. Wutschnaubend flieht sie aus dem Gerichtssaal, klaut eine Nikolaus-Verkleidung und entkommt so der Polizei. Als sie in Lehmanns Haus nach Beweisen für ihre Unschuld suchen will und ein Alarm losgeht, findet sie in der Nachbarschaft Zuflucht.
Hier lebt Paul Weber (Christian Schir), verwitweter Vater zweier entzückender Kinder, die Klaudia für den Nikolaus halten. Angesichts der kaum zu verbergenden Beweise für Klaudias Weiblichkeit fliegt der Schwindel zwar auf, aber da haben die Kinder sie schon in ihr Herz geschlossen. Auch der zunächst zögerliche Paul beißt bald an, zumal auch er Probleme hat: Er leitet einen Feinkostladen, den sich der skrupellose Geschäftemacher Klett (Hans Sigl) unter den Nagel gerissen hat; die gesamte Belegschaft wird auf die Straße gesetzt. Da trifft es sich gut, dass Klaudia Dinge über Klett weiß, die dessen Frau besser nicht erfahren sollte.
Natürlich ist die Handlung konstruiert, dass es kracht. Aber die Umsetzung wischt alle Einwände beiseite: weil Höhs und Kubach die Geschichte konsequent als modernes Märchen erzählen. Der Film kommt zwar ohne entsprechende Effekte aus, aber verschiedene Figuren (der rettende Rocker gleich zu Beginn, der weise Großvater aus der Nachbarschaft) lassen sich unschwer als Himmelsboten erkennen. Und dass Klaudia es schneien lassen kann, ist im winterlichen Salzburg vermutlich ein kalkulierbares Risiko. Selbstredend muss sich kurz vor Schluss zwischen dem Paar noch das handelsübliche Hindernis auftun, aber es gibt eben Filme, bei denen man Vorhersehbarkeit nicht nur in Kauf nimmt, sondern sogar begrüßt.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).