In der FDP-Führungskrise wächst der Druck auf Parteichef Guido Westerwelle. Der hessische FDP-Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn legte Westerwelle bei einem Treffen in Berlin persönlich den Verzicht auf die Parteiführung nahe. Nach einem Bericht des Magazins "Focus" will die Hessen-FDP dazu auch einen Sonderparteitag erzwingen. Aus anderen Landesverbänden gab es am Samstag dafür zunächst jedoch keine Unterstützung.
Als Termin für Westerwelles Verzicht schlug Hahn nach dpa-Informationen das traditionelle Dreikönigstreffen der FDP am 6. Januar in Stuttgart vor. Der FDP-Chef solle dann erklären, dass er beim nächsten regulären Parteitag im Mai nicht mehr kandidieren werde. Westerwelle entgegnete nach einem Bericht des Magazins "Der Spiegel", das komme nicht in Frage.
Mit öffentlichen Äußerungen hielt sich der Außenminister auch am Samstag zurück. Aus seiner Umgebung verlautete jedoch, dass sich Westerwelle nicht mit Rückzugsgedanken beschäftige. Am Samstag bekam er auch von verschiedenen Seiten Unterstützung. Gesundheitsminister Philipp Rösler - der selbst als möglicher Nachfolger gehandelt wird - warf Westerwelle-Kritikern in einem Gespräch mit der dpa "Zwergenmut" vor.
"Ein Sonderparteitag ist parteischädigend"
Dem "Focus" zufolge will die Hessen-FDP noch vor den wichtigen Wahlterminen im März - Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sowie Kommunalwahlen in Hessen - einen Sonderparteitag durchsetzen. Offiziell gab es dafür aber keine Bestätigung. Nach der Parteisatzung muss ein solcher außerordentlicher Parteitag einberufen werden, wenn er von mindestens vier Landesverbänden verlangt wird.
Eine solche Forderung wurde am Samstag zunächst aber von keinem anderen Landesverband unterstützt. Die sachsen-anhaltinische Landesvorsitzende Cornelia Pieper - zugleich Bundes-Vize - warnte ausdrücklich davor. "Ein Sonderparteitag ist in höchstem Maße parteischädigend", sagte die Staatsministerin im Auswärtigen Amt der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Auch der schleswig-holsteinische FDP-Landesvorsitzende Jürgen Koppelin bezeichnete ein solches Treffen als "völlig überflüssig". "Hektik und Überstürzung sind noch nie gute Ratgeber gewesen", sagte er der dpa. Der bayerische FDP-Vize Martin Zeil warnte ebenfalls vor "solchen Inszenierungen".
Ein Gegenkandidat steht angeblich schon bereit
Dem "Spiegel" zufolge gibt es aus dem FDP-Vorstand bereits einen Gegenkandidaten, falls Westerwelle beim regulären Bundesparteitag in Rostock erneut antreten will. Das Vorstandsmitglied habe schon vor mehreren Wochen in kleinem Kreise erklärt, dass es sich selbst bewerben werde, falls es sonst keine Alternative zu Westerwelle gebe. Einen Namen für diesen "Mister X" nannte das Magazin nicht.
Unterstützung bekam der seit fast zehn Jahren amtierende FDP-Chef erneut von der Fraktionsvorsitzenden Birgit Homburger und von NRW- Landeschef Daniel Bahr. Homburger forderte im Berliner "Tagesspiegel am Sonntag" ein sofortiges Ende von "unsinnigen Personaldiskussionen". Bahr sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" über Westerwelle: "Er hat Fehler gemacht, aber hat auch seine Chance im neuen Jahr verdient."
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle - selbst als Übergangs-Vorsitzender im Gespräch - mahnte in der "B.Z. am Sonntag" seine Partei zu Geschlossenheit. Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger warnte in der "Mittelbayerischen Zeitung" vor einem "Scherbenhaufen" durch die andauernde Personaldebatte.