Misstrauensvotum: Randale nach Erfolg für Berlusconi

Misstrauensvotum: Randale nach Erfolg für Berlusconi
Randale in Rom: Als Silvio Berlusconi sich im Parlament knapp über ein Misstrauensvotum rettet, eskaliert eine Demonstration von Gegnern des italienischen Regierungschefs in Gewalt.

Nach dem knappen Sieg des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi bei einem Misstrauensvotum ist es am Dienstag in Rom zu schweren Ausschreitungen gekommen. Einige hundert Demonstranten verwüstete bei Straßenschlachten mit der Polizei Teile des historischen Stadtzentrums. Mehr als 100 Menschen wurden nach Medienberichten verletzt, darunter mindestens 57 Polizisten. Berlusconi hatte den Misstrauensantrag der Opposition im Abgeordnetenhaus mit nur wenigen Stimmen Vorsprung abgewehrt. Kritiker werfen ihm Stimmenkauf und Bestechung vor.

Kurz nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses scherte eine gewalttätige Gruppe aus einer der zahlreichen Kundgebungen in der Innenstadt aus und versuchte, zum Abgeordnetenhaus vorzudringen. Die Polizei setzte Tränengas und Schlagstöcke ein. Demonstranten zündeten drei selbst gebaute Sprengsätze in einer Gasse in der Nähe des Parlaments. Fahrzeuge der Stadtreinigung und der Finanzpolizei gingen in Flammen auf. Beamten wurden mit Eiern und Farbe beworfen. Auf der zentralen Via del Corso gingen zahlreiche Schaufenster zu Bruch.

Keine Neuwahlen

Bei der Abstimmung in der Abgeordnetenkammer hatten zuvor 311 Parlamentarier Berlusconi das Misstrauen ausgesprochen, 314 votierten für ihn. Am Abend erneuerte er das Angebot, mit der gemäßigten Zentrumspartei UDC von Pier Ferdinando Casini zusammenzuarbeiten. Ein Einschluss der UDC in die Regierung sei durchaus denkbar, erklärte Berlusconi.

Neuwahlen seien nicht wünschenswert für Italien, habe auch Staatspräsident Giorgio Napolitano deutlich gemacht, sagte Berlusconi weiter. Der 74-Jährige hatte das Staatsoberhaupt zuvor im Quirinale-Palast über den Abstimmungstag im Parlament und seine Vorstellungen über das weitere Vorgehen informiert.

Berlusconi hatte in einer Regierungserklärung am Vortag alle gemäßigten Kräfte des Parlaments zur Zusammenarbeit aufgerufen. Dabei nahm er vor allem Casinis UDC als möglichen Partner für ein breiteres Bündnis ins Visier. Von seiner Partei gebe es kein Veto gegen die UDC, hatte auch Berlusconis Bündnispartner Umberto Bossi von der rechtspopulistischen Lega Nord bereits erklärt.

Handgemenge zwischen Parlamentariern

Berlusconis Lager hatte das Abstimmungsergebnis in der Kammer erleichtert und mit tosendem Applaus begrüßt. Zahlreiche Abgeordnete schwenkten die italienische Trikolore-Flagge. Andere forderten in Sprechchören den Rücktritt von Abgeordnetenhauspräsident Gianfranco Fini - Berlusconis einstigem Bündnispartner und seinen heutigen Herausforderer. Während der Abstimmung kam es zu einem Handgemenge zwischen aufgebrachten Parlamentariern beider Lager. Fini werde aber nicht zurücktreten, teilte sein Sprecher Fabrizio Alfano dazu mit.

Im Senat, wo Berlusconi selbst die Vertrauensfrage stellte, hatte der Regierungschef zuvor mit 162 gegen 135 Stimmen die erste Hürde genommen. Er entging so erneut einem Sturz ins politische Abseits.

Berlusconi hat im Parlament seit dem Bruch mit seinem früheren Bündnispartner Fini Ende Juli keine Mehrheit mehr. Schon im September gewann er trotzdem eine Vertrauensabstimmung. Doch wie es jetzt weitergehen soll, ist offen. Mit so knapper Mehrheit könne man nicht regieren, meinten Mitglieder der Opposition. Selbst Berlusconis Koalitionspartner Bossi hatte mehrfach für Neuwahlen plädiert. Seine Partei könnte nach Umfragen bei einem Urnengang deutlich zulegen.

dpa