Iran provoziert vor Genfer Gesprächen

Iran provoziert vor Genfer Gesprächen
Kurz vor Beginn der heutigen Gespräche mit den fünf Veto-Mächten im UN-Sicherheitsrat und Deutschland in Genf hat Iran erneut Verhandlungen über sein umstrittenes Atomprogramm abgelehnt.
06.12.2010
Von Farshid Motahari

Ein konkretes Ergebnis ist eher unwahrscheinlich, wenn nicht unmöglich, weil der Iran bei den Verhandlungen das Thema Atomstreit gar nicht ansprechen will. "Die (Atom)Rechte des Irans stehen nicht zur Debatte, und dementsprechend kann dies bei den Gesprächen auch kein Thema sein", sagt Atomchefunterhändler Said Dschalili, der die iranische Delegation beim Treffen mit den sechs Weltmächten an diesem Montag in Genf anführen wird.

Auch der Chef der iranischen Atomorganisation, Ali-Akbar Salehi, deutete einen Tag vor den Gesprächen eine kompromisslose Haltung an. Bewusst provokativ kündigte er an, dass das Land in Sachen Produktion von "Yellowcake" nun selbstständig geworden sei. Der "Gelbkuchen" ist der Ausgangsstoff für die Herstellung von Brennstäben.

"Unterschied zwischen politischen und technischen Diskussionen"

Daher stellt sich die Frage, warum der Iran zwar die Verhandlungen unbedingt wieder aufnehmen, aber das für die 5+1-Gruppe - USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland - wichtigste Thema Atomstreit nicht ansprechen will. "Weil es einen klaren Unterschied gibt zwischen den politischen und den technischen Diskussionen, und der Iran hat mehrmals versucht, dies den relevanten Parteien klarzumachen", sagt eine Quelle, die sich seit Jahren mit dem Atomstreit befasst.

Auch Dschalili, Salehi und Präsident Mahmud Ahmadinedschad haben mehrmals betont, dass die technischen Aspekte des Atomstreits eine Angelegenheit der Internationalen Atomenergiebehörde sei, die sich als einziges international anerkanntes Gremium um das Atomprogramm ihrer Mitglieder kümmern soll. Dschalili will daher in Genf angeblich nur ein technisches Thema mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton als Vertreterin der 5+1-Gruppe ansprechen: Den Vertrag über Uran-Austausch, der im Mai in Teheran zwischen dem Iran, der Türkei und Brasilien unterschrieben wurde.

Uran-Austausch Schlüssel bei Atomverhandlungen

"Obgleich der Iran angibt, für die Verhandlungen keine Agenda zu haben, könnte es in Genf eine versteckte Agenda geben", sagt die informierte Quelle. Beobachter glauben, dass die "versteckte Agenda" des Irans darauf hinausläuft, dass der Westen in eine Diskussion des Uranaustauschvertrags in Wien einwilligt, Iran im Gegenzug die Urananreicherung auf 20 Prozent stoppt und die Austauschinitiative dann in der Zukunft auf weitere Projekte ausbaut.

Eine solche Initiative würde dem Iran erlauben, innerhalb der internationalen Vorschriften seine niedrige Urananreicherung fortzusetzen, weitere Anreicherungen außerhalb des Landes vorzunehmen und sich notwendige Brennstäbe im Ausland zu besorgen. "Eine Anreicherung von 3,5 Prozent könnte nur für zivile und nicht-militärische Zwecke verwendet werden, und der Westen bräuchte sich dann nicht mehr um ein verstecktes militärisches Programm zu sorgen", so die Quelle. In dem Fall könnte der Iran auch die Ausführung des IAEA-Zusatzprotokolls, das unter anderem spontane IAEA-Inspektionen vorsieht, wieder aufnehmen.

Präsident Ahmadinedschad hatte vergangene Woche zwar gesagt, dass der Iran in Genf sich nicht dem Druck und den Einschüchterungen des Westens beugen werde, aber demonstrativ auf das Uranaustauschgeschäft hingewiesen. "Diese Initiative könnte nicht nur zu einem besseren Verständnis (mit den Weltmächten), sondern gar zu einer Freundschaft führen", so der iranische Präsident.

Mehrmals hat Ahmadinedschad die Rolle des Irans in Krisenherden wie Afghanistan, Irak and Nahost herausgestellt. Der Westen, besonders die USA, könnten auf seine Hilfe hoffen, falls das Recht Irans auf friedliche Atomtechnologie endgültig anerkannt würde. "Es gibt doch kein Problem, das keine Lösung hat. Wir haben Geduld. Wer hätte in den 80ern gedacht, dass die Mauer in Berlin fallen würde? Und die ist bekanntlich letztendlich gefallen", sagte ein iranischer Offizieller.

dpa