Koreakrise: USA und Südkorea kündigen Seemanöver an

Koreakrise: USA und Südkorea kündigen Seemanöver an
Die Vereinigten Staaten demonstrieren Stärke und schicken einen Flugzeugträger Richtung Korea. Kanzlerin Merkel warnt vor weiteren Provokationen. Das kommunistische Regime im Norden gibt sich unbeeindruckt. Die Menschen in Südkorea haben Angst vor einem neuen Krieg.

Nach dem Artillerieangriff Nordkoreas auf eine südkoreanische Insel wollen die USA und Südkorea den Druck auf das kommunistische Land erhöhen und demonstrieren militärische Stärke. Einen Tag nach dem Zwischenfall kündigten beide Seiten am Mittwoch ein neues gemeinsames Großmanöver auf See an. Die USA schickten dazu den atombetriebenen Flugzeugträger «USS George Washington» ins Gelbe Meer. Südkorea, das dem Nachbarland schwere Provokation vorwarf, will die unter Beschuss geratene Insel Yonpyong vor der Westküste stärker bewaffnen.

Bei dem Angriff am Dienstag wurden vier Menschen getötet. Es war einer der schwersten Zwischenfälle seit dem Koreakrieg (1950- 1953). Nach jüngsten Angaben des Generalstabs in Seoul feuerte Nordkorea am Dienstag mehr als 170 Granaten ab. Davon seien 80 auf der nahe der Seegrenze liegenden Insel eingeschlagen. Südkorea habe das Feuer mit 80 Schüssen erwidert. Das Gefecht dauerte danach rund eine Stunde. Zwölf Militäreinrichtungen und 18 zivile Gebäude wurden nach offiziellen Angaben zerstört oder zum Teil beschädigt.

Verkohlte Leichen gefunden

Am Mittwoch wurden auf Yonpyong die verkohlten Leichen zweier Arbeiter auf einer Baustelle für ein Marinegebäude gefunden, teilte die Küstenpolizei in Inchon mit. Unmittelbar nach dem Angriff hatten die südkoreanischen Behörden mitgeteilt, dass zwei Soldaten getötet wurden. Außerdem wurden weitere 19 Menschen verletzt, darunter drei Zivilisten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte China und Russland auf, mäßigend auf Nordkorea einzuwirken. Mit Blick auf die ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat appellierte die Kanzlerin an "diejenigen, die Einfluss auf die Entwicklung in Nordkorea haben", das kommunistische Land von "weiteren Provokationen" abzuhalten. Merkel äußerte sich in einem Telefonat mit Südkoreas Präsidenten Lee Myung Bak. Wegen des Angriffs wurde auch der nordkoreanische Botschafter in Berlin ins Auswärtige Amt einbestellt. Außenminister Guido Westerwelle sagte im Bundestag: "Eine solche Aggression ist durch nichts zu rechtfertigen."

Das geplante viertägige Manöver der USA und Südkoreas soll vor der Westküste an diesem Sonntag beginnen. Zwar war die Übung bereits lange vor dem "unprovozierten Artillerieangriff" geplant, sie demonstriere aber die Stärke der Allianz der USA und Südkoreas, hieß es. Das "verteidigungsorientierte" Manöver unterstreiche zudem ihre "Verpflichtung zur Stabilität in der Region durch Abschreckung".

Sechs-Parteien-Gespräche

Vor allem die USA zeigten sich entrüstet angesichts des Angriffs. US-Präsident Barack Obama bekräftigte die Bündnispartnerschaft mit Seoul und äußerte sich "empört". Trotz der kriegerischen Rhetorik aus Seoul und Pjöngjang kündigte Washington eine "maßvolle und gemeinsame" Antwort an, bei der China und die anderen Länder der Sechs-Parteien-Gespräche über das nordkoreanische Atomprogramm eingebunden sein sollen. An den Sechser-Gesprächen sind die USA, Nordkorea, China, Südkorea, Japan und Russland beteiligt.

Auch will Obama die internationale Gemeinschaft zu einem geschlossenen Vorgehen gegen Nordkorea bewegen. "Wir rufen erneut die internationale Gemeinschaft zusammen, um Druck auf Nordkorea auszuüben", sagte Obama in einem Interview des Senders ABC.

Gegenseitige Beschuldigungen

Südkoreas Präsident Lee hatte harte militärische Gegenschläge für den Fall weiterer Provokationen durch Nordkorea angedroht. Nordkorea beschuldigte unterdessen erneut den Süden, zuerst geschossen zu haben. Nordkoreas Militär habe "Selbstverteidigungsmaßnahmen mit Schlägen gegen Artilleriestellungen" des Feindes geantwortet, hieß es in den staatlichen Medien. Kurz nach dem Zwischenfall hatte Nordkorea den Süden beschuldigt, die Halbinsel an den Rand eines Kriegs» gebracht zu haben. Südkorea wies die Anschuldigungen Nordkoreas zurück.

Südkoreas Verteidigungsminister Kim Tae Young kündigte vor dem Parlament in Seoul an, die Insel Yonpyong militärisch besser zu schützen. "Wir haben sechs K-9-Panzerhaubitzen auf der Insel und wir wollen weitere dorthin verlegen", wurde Kim von der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap zitiert. Die Einsatzregeln des Militärs sollen zudem so geändert werden, dass Kampfjets künftig sofort einen Gegenangriff im Falle von Provokationen starten können.

Das von den USA geführte UN-Kommando (UNC) in Südkorea rief Nordkorea zu Gesprächen auf der Ebene von Generalen über eine Deeskalation auf. In der Vergangenheit ist es an der umstrittenen Seegrenze im Gelben Meer wiederholt zu militärischen Zwischenfällen gekommen. Beide koreanische Staaten befinden sich völkerrechtlich noch im Kriegszustand, da bisher kein Friedensvertrag geschlossen wurde.

dpa