Minister für eigenes Bleiberecht "geduldeter" Jugendlicher

Minister für eigenes Bleiberecht "geduldeter" Jugendlicher
Natürlich ging es beim Treffen der Innenminister in Hamburg viel um die Terrorwarnungen. Doch der eigentliche Schwerpunkt war die Diskussion um ein Bleiberecht für ausländische Jugendliche. Und dabei erzielten die Ressortchefs einen Durchbruch.
19.11.2010
Von Markus Klemm und Julia Ranniko

Bislang nur geduldete ausländische Kinder und Jugendliche können sich Hoffnung auf einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland machen. Die Innenminister von Bund und Ländern verständigten sich bei ihrer Herbstkonferenz in Hamburg darauf, gut integrierten jungen Ausländern ein eigenes Bleiberecht zu ermöglichen. Dadurch sollen diejenigen, die sich anstrengen und eine Perspektive haben, ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, aus dem Duldungsstatus herausgeholt werden, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag zum Abschluss der Innenministerkonferenz (IMK). Dies gelte jedoch nicht für die Eltern.

Die Ressortchefs verständigten sich darüber hinaus auf die Speicherung von Telefon- und Internetdaten zur Kriminalitätsbekämpfung - die sogenannte Vorratsdatenspeicherung - und auf eine schärfere Überwachung der Prostitution. Außerdem forderten sie den Bund auf, sich an den Polizeikosten für nationale Aufgaben, etwa für Castor-Transporte, zu beteiligen.

Der IMK-Vorsitzende, Hamburgs Innensenator Heino Vahldieck (CDU), betonte, wer sich der Integration entziehe, müsse "entsprechend negativ sanktioniert" werden können. Als Beispiele nannte de Maizière Bußgelder, eine Pflicht zur Wiederholung eines Integrationskurses - oder auch eine Ausweisung. Der Bundesinnenminister erklärte: "Wir wollen (...) klarer machen, dass die willkommen sind, die sich gut integrieren, gerade Jugendliche, und dass wir nicht akzeptieren, dass sich andere nicht integrieren."

Einigung auf Vorratsdatenspeicherung

"Der Durchbruch der Innenministerkonferenz ist ein Hoffnungszeichen, dass eine moderne Integrationspolitik über die Parteigrenzen hinweg endlich Realität wird", sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Sie kündigte an, den IMK-Beschluss rasch umzusetzen, "auch wenn wir über die konkrete Ausgestaltung noch ausführlich beraten müssen." Integration sei keine Bringschuld von Ausländern, sondern eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft.

Gegen den Willen der Justizministerin verständigten sich die Innenminister auf eine sechsmonatige Speicherung von Telefon- und Internetdaten zur Kriminalitätsbekämpfung und Terrorabwehr - und forderten sie auf, "zügig einen Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der Mindestspeicherfrist vorzulegen". Die Möglichkeit für ein "vorübergehendes, schnelles Einfrieren der Daten" (Quick Freeze), wie vom Bundesdatenschutzbeauftragen Peter Schaar gefordert, lehnten sie ab. "All die Dinge helfen uns überhaupt nicht", sagte Niedersachsens InnenministerUwe Schünemann (CDU).

Leutheusser-Schnarrenberger möchte zunächst abwarten, was mit der EU-Richtlinie geschieht, nach der die Daten gespeichert werden müssen. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung im März gekippt. Allein in Niedersachsen hätten deswegen mehr als 300 Fälle nicht so aufgeklärt werden können "wie es normalerweise möglich gewesen wäre", sagte Schünemann. Dabei gehe es auch um Straftaten wie Mord, Totschlag oder Wohnungseinbrüche. Vahldieck sagte, es sei von immenser Bedeutung, dass etwa bei einem entlarvten Terroristen nachvollzogen werden kann, mit wem er zuvor kommuniziert hat. "Die Vorstellung, dass diese Daten inzwischen verloren gegangen sind, macht mir Angst."

"Nationale Aufgabe" der Castor-Transporte kostet 290 Millionen Euro

Rund zwei Wochen nach dem jüngsten Castor-Transport nach Gorleben forderten die Innenminister der Länder den Bund gemeinsam auf, sich an den Polizeikosten zu beteiligen. Seine Kollegen hätten seine Einschätzung einer Sonderbelastung vor allem Niedersachsens geteilt, sagte Schünemann. Sein Land habe für diese "nationale Aufgabe" in den vergangenen Jahren rund 290 Millionen Euro ausgegeben, für den jüngsten Atom-Transport allein 27 bis 28 Millionen Euro.

Bundesinnenminister de Maizière (CDU) erklärte dagegen: "Ich habe den Ländern empfohlen, dem guten Beispiel des Bundes zu folgen. Der Bund hat seit 2001 auf seine Kosten gegenüber dem Land Niedersachsen verzichtet." Wenn das ab morgen 15 Bundesländer machten, "ist Herr Schünemann glücklich", und eine besondere Regelung werde nicht mehr gebraucht. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) forderte zudem, die Kraftwerksbetreiber stärker zur Kasse zu bitten.

Prostitution soll nach dem Willen der Innenminister künftig besser überwacht werden. Die Ressortchefs forderten daher den Bund auf, entsprechende gesetzliche Regelungen auf den Weg zu bringen. So sollen Bordelle künftig nur noch mit behördlichen Genehmigungen eröffnet werden dürfen. Außerdem soll es eine Meldepflicht für Prostituierte geben.

dpa