Google Street View gestartet - 20 deutsche Städte im Netz

Google Street View gestartet - 20 deutsche Städte im Netz
Monatelang wurde in Deutschland über den Straßenbilder-Dienst Google Street View gestritten - jetzt ist er über Nacht für 20 Städte online gegangen. Die mehr als 244.000 Anträge, Häuser zu verpixeln, sorgen für zahlreiche verschwommene Flecken im Straßen-Panorama.

Nach heftigen Debatten ist Googles umstrittener Online-Straßenatlas Street View in Deutschland gestartet. In der Nacht zu Donnerstag schaltete der Internet-Konzern die Panorama-Ansichten für Straßen in 20 größten Städten wie Berlin, Hamburg, Frankfurt oder München frei. Europachef Philipp Schindler betonte zum Start, Google habe in Deutschland so viele Zugeständnisse an Datenschützer und Politiker gemacht wie in keinem anderen Land.

Deutsche Straßen sehen als Folge anders aus als die Street-View-Bilder im Rest der Welt: Man stößt relativ schnell auf verschwommen dargestellte Gebäude. Vorab hatten allein in den 20 Städten mehr als 244.000 Haushalte beantragt, ihre Wohnhäuser auf den Straßen- Aufnahmen unkenntlich zu machen. Google betont, dies seien lediglich knapp drei Prozent der betroffenen Haushalte - relativ wenig nach der großen Aufregung und Umfragen, in denen zum Teil die Hälfte der Bürger sich gegen den Dienst ausgesprochen hatte.

Datenschützer rechnen aus diesem Anteil hoch, dass in ganz Deutschland etwa eine Million Haushalte die Verpixelung ihrer Wohnhäuser beantragen dürfte. Ein immenser Aufwand für Google: Allein um die Anfragen aus den 20 ersten Städten abzuarbeiten, heuerte Google 200 zusätzliche Mitarbeiter an. Für jedes Haus müssen mehrere Fotos am Computer bearbeitet werden. Insgesamt bestehen die deutschen Street-View-Panoramen aus mehreren Millionen zusammengefügter Bilder. Google macht derzeit keine Angaben, wie viele Widersprüche insgesamt vorliegen.

Noch immer Fehler im System

Wie beim Probestart in der Gemeinde Oberstaufen im Allgäu vor zwei Wochen kommt es aber auch bei der breiten Einführung immer wieder vor, dass eigentlich gelöschte Gebäude aus bestimmten Blickwinkeln zu erkennen sind. Insbesondere bei Aufnahmen aus größerer Entfernung sei die "manuelle Verpixelung vergessen" worden, sagte ein Sprecher. Tritt der Betrachter in der Street-View-Ansicht virtuell ein paar Schritte zurück, wird das in der Nahansicht unkenntlich gemachte Haus wieder sichtbar.

Der Google-Datenschutzbeauftragte Peter Fleischer betonte, der Prozess der Verpixelung sei trotz aller Anstrengungen nicht perfekt. Betroffene könnten aber über einen Link im Street-View-Bild ein Problem melden. Google will solche Fehler rasch ausräumen.

Wenn auch nur ein Mieter eines Mehrfamilienhauses dies verlangt, wird das ganze Gebäude unscharf dargestellt. Ist ein Haus einmal gelöscht, kommt es nicht mehr wieder: Google verwischt gemäß der Absprachen mit Datenschützern die Originalbilder. Wann es in Deutschland mit mehr Städten weitergeht, ist auch angesichts des hohen Aufwandes noch offen. "Wir wollen zunächst einmal den Dienst starten und das Feedback abwarten", sagte Google-Mananger Schindler.

"Extrem nützliches Produkt"

Der IT-Verband Bitkom begrüßte den Deutschland-Start von Street View. Sowohl private Nutzer als auch Unternehmen und Behörden könnten davon profitieren, sagte Verbands-Präsident August-Wilhelm Scheer.

Straßenansichten wie Street View seien etwa bei der Wohnungssuche oder der Urlaubsplanung hilfreich. "Auch Navigationssysteme greifen künftig auf Bilder zurück, wie sie von Panorama-Diensten angeboten werden", sagte Scheer. "Wir sind der festen Überzeugung, dass auf dieser Basis zahlreiche weitere innovative Dienste und Technologien entstehen."

Anders als in anderen Ländern war Street View in Deutschland auf heftigen Widerstand von Politikern und Datenschützern gestoßen. Unter anderem Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) kritisierte den Dienst scharf als Eingriff in die Privatsphäre. Zwischen ersten Gesprächen mit Datenschützern im Sommer 2008 und dem Start vergingen nun fast zweieinhalb Jahre. "Die ganze Diskussion mit der französischen Datenschutzbehörde dauerte genau eine Woche", sagte Fleischer zum Vergleich.

Schindler bekräftigte, der große Aufwand sei es Google wert: "Wir wissen, dass Street View ein extrem nützliches Produkt ist." Google präsentierte zum Start mehrere große Partner wie die Lufthansa, das Immobilienportal Immobilienscout 24 und den Hotel-Reservierungsdienst HRS. Die ältesten deutschen Street-View-Bilder seien rund zwei Jahre alt, die jüngsten seien im Frühjahr dieses Jahres aufgenommen worden, sagte Fleischer. Wann und ob die Kamerawagen wieder nach Deutschland kommen, sei offen.

Ganze Straßen geschwärzt

Manche Straßenzüge ließ Google vorerst gänzlich schwarz. Laut Fleischer handelt es sich um Fälle, in denen sich ein zu löschendes Haus nicht eindeutig identifizieren ließ. Der Konzern macht keine Angaben dazu, in welchen Städte oder Wohnbezirken es mehr Verpixelungsanfragen als in anderen gab.

Google betont, dass Widersprüche gegen Street View jederzeit auch nach dem Start des Dienstes möglich sind. Gesichter und Autokennzeichen werden automatisch unkenntlich gemacht. Die 20 Städte sind Berlin, Bielefeld, Bochum, Bonn, Bremen, Dortmund, Dresden, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Frankfurt/Main, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, Mannheim, München, Nürnberg, Stuttgart und Wuppertal.

Street View ist in Googles Kartendienst Maps integriert. Um zu der Straßenansicht zu kommen, muss man mit dem Mauszeiger ein gelbes Männchen vom linken Seitenrand auf die Karte ziehen. Für zusätzliches Misstrauen gegenüber Google hatte in diesem Jahr gesorgt, dass die Kamerawagen bei ihren Fahrten auch Daten aus unverschlüsselten WLAN-Netzen mitgeschnitten haben. Google zufolge war es ein Software-Fehler, der über Jahre nicht entdeckt worden war. Die Daten seien nie ausgewertet worden.

dpa