Ökumene in unseren Zeiten: Päpstlicher Einheitsrat wird 50

Ökumene in unseren Zeiten: Päpstlicher Einheitsrat wird 50
Auf die Aufbruchstimmung folgte die Ernüchterung. Nach der Ökumene-Begeisterung des Zweiten Vatikanischen Konzils in den 60er Jahren und den folgenden Fortschritten macht der Dialog der katholischen Kirche mit Juden, Orthodoxen und Protestanten kaum mehr Schlagzeilen. An diesem Mittwoch feiert das vatikanische Ökumene-Ministerium im Zeichen der theologischen Alltagsarbeit gemeinsam mit seinen Gesprächspartnern sein 50-jähriges Bestehen.
16.11.2010
Von Bettina Gabbe und Rainer Clos

Mit 15 verschiedenen Kirchen führt der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen Dialoge. Seit wenigen Monaten steht der Schweizer Erzbischof Kurt Koch, der in Kürze in den Kardinalsrang erhoben wird, an der Spitze der Vatikanbehörde. Er folgte auf den deutschen Kardinal Walter Kasper, der den Einheitsrat seit 2001 leitete.

Als besondere Geste kann gewertet werden, dass das Oberhaupt der Anglikaner, Erzbischof Rowan Williams, zu den Gästen der Jubiläumsfeier gehört. Hatte doch im vergangenen Jahr der päpstliche Erlass, mit dem übertrittswilligen Anglikaner eigene Kirchenstrukturen innerhalb der katholischen Kirche angeboten werden, für Verstimmung gesorgt. Und vor wenigen Tagen erst hatten einige anglikanische Bischöfe angekündigt, zum Katholizismus übertreten zu wollen.

Dialog mit den Anglikanern kommt nicht voran

Der neue Chef des Päpstlichen Einheitsrates, Erzbischof Koch, räumte in Radio Vatikan ein, dass es eine neue Entwicklung sei, wenn Bischöfe mit ganzen Gruppierungen übertreten. Zudem sei es für die anglikanische Gemeinschaft eine schwierige Situation. Aber Koch verweist auch auf die römische Arbeitsteilung: "Der Rat für die Einheit der Christen ist zuständig für den ökumenischen Dialog. Die Frage der Aufnahme der Anglikaner, die konvertieren möchten, gehört zum Zuständigkeitsbereich der Glaubenskongregation."

Trotz mehrfacher Treffen mit Williams kommt der Dialog mit den Anglikanern aus römischer Sicht aufgrund der wachsenden Spaltungen unter den Anglikanern nicht voran. Die Weihe von Frauen und offen homosexuellen Männern zu Priestern und Bischöfen entfernte sie nicht nur weiter von Rom, sondern führte auch zu heftigen Spannungen innerhalb der anglikanischen Weltgemeinschaft.

Neue Konfliktthemen wie die Frage nach Präimplantationsdiagnostik im Bereich des Lebensschutzes belasten aus Sicht der vatikanischen Ökumene-Experten auch die Beziehungen zu anderen Protestanten wie den Lutheranern. Entsprechende Auseinandersetzungen führen innerhalb der einzelnen Konfessionen zunehmend zu Spannungen, so dass mittlerweile auch evangelische Gläubige aus Deutschland an die Tore des Vatikans klopfen, heißt es in Rom. Wachsende Zersplitterung der Gesprächspartner behindert jedoch den Dialog, für den auf katholischer Seite in höchster Instanz einzig Rom zuständig ist.

Der fragmentierte Protestantismus macht dem Vatikan die Ökumene schwer

Erzbischof Koch registriert im weltweiten Protestantismus viele neue Fragmentierungen. "Immer mehr Gruppierungen suchen den Dialog mit uns. Sie fühlen sich nicht mehr in den großen Bünden beheimatet." Rund zehn Jahre nach der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung über die Rechtfertigungslehre zeigen sich weiterhin Unterschiede im Verständnis von Kirche und damit von Amt. Die Forderung nach gemeinsamen Abendmahlsfeiern lehnt der Vatikan trotz des Wunschs vieler Gläubigen so lange ab, wie er keine gemeinsame theologische Grundlage dafür sieht.

Jetzt müsse der Dialog in Gang kommen, "was wir als katholische oder protestantische Gemeinschaft überhaupt unter Kirche verstehen", empfiehlt der neue "Ökumene-Minister". Im Dialog mit den orthodoxen Kirchen gibt es weniger Schwierigkeit in theologischen Grundsatzfragen. Beide Kirchengemeinschaften seien sich einig, dass es auf der Ebene des Ortes und der Region sowie universal eines Ersten bedarf, sagt Koch. Strittig ist der Vorrangstellung des Papstes

Zuständig ist der Einheitsrat zudem für die Annäherung an das Judentum. Mittlerweile besucht der Papst auf seinen Reisen auch Synagogen. Doch sowohl die Auseinandersetzung über die ultrakonservative Piusbruderschaft, als auch die Neufassung der Karfreitagsfürbitte signalisierten Konfliktstoff im Gespräch mit den Juden.

dpa