Seoul: G20 ordnen Weltfinanzen neu

Seoul: G20 ordnen Weltfinanzen neu
Es ist historisch - vor allem, was das Tempo angeht. Nur zwei Jahre gingen ins Land, um die nötige Reform des Weltfinanzsystems auf den Weg zu bringen. Banken müssen künftig ihre Risiken besser absichern. Und China und Co müssen mehr Verantwortung im Krisenfall übernehmen. Kanzlerin Merkel beschäftigen auf dem Gipfel in Seoul neben Wirtschaftsfragen Gerüchte über eine Kabinettsumbildung in der Heimat.
12.11.2010
Von André Stahl und Martin Romanczyk

Gut zwei Jahre nach dem Fast-Zusammenbruch des Weltfinanzsystems sind schärfere Kontrolle der Banken endgültig auf den Weg gebracht. Geldinstitute rund um den Globus müssen in den nächsten Jahren Milliardenbeträge für eine bessere Risikovorsorge aufbringen. Die Staats- und Regierungschefs der führenden Wirtschaftsmächte (G20) einigten sich auf das sogenannte Basel-III-Abkommen. Es sieht deutlich strengere Eigenkapitalregeln vor.

IWF-Reform und Basel-III

Einen weiteren Meilenstein beschlossen die G20 mit der Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF). Nach Jahren des wirtschaftlichen Booms bekommen China, Indien und andere aufstrebenden Volkswirtschaften mehr Einfluss in der wichtigsten internationalen Finanzinstitution und übernehmen damit im Krisenfall auch mehr Verantwortung.

Zum Abschluss ihres Gipfel diskutierte die G20 auch Maßnahmen für mehr Wachstum, das Problem von zu großen Handelsungleichgewichten und Wechselkursfragen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte in Seoul, die Basel-III-Regeln seien unstrittig. Der Gipfel werde sie beschließen. "Das ist zwar keine Überraschung, aber ein großer Erfolg."

Die schärferen Vorschriften kommen etwas mehr als zwei Jahre nach dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers. Die Pleite im September 2008 brachte das Weltfinanzsystem fast zum Einstürzen. Das Basel-III-Abkommen soll verhindern helfen, dass bei der nächsten Krise Geldinstitute wieder mit Milliarden aus der Steuerkasse gerettet werden müssen.

Industrieländer wie Deutschland geben Macht ab

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte zur IWF-Reform: "Es gab keinerlei Kritik, sondern nur Zuspruch." Nach Angaben von Schäuble begrüßte die G20 die IWF-Reform einhellig. Der IWF ist eine Art Feuerwehr für Finanzkrisen. Beispielsweise hilft der IWF, Griechenland vor der Staatspleite zu bewahren. Der IWF hat 187 Mitglieder. Da sich de Wirtschaftskraft rund um den Globus verschiebt, war die Reform überfällig. China hatte vor kurzem Japan als zweitgrößte Volkswirtschaft hinter den USA abgelöst.

Bisher überrepräsentierte Staaten verlieren an Einfluss im IWF. Auch Deutschland, die viertgrößte Wirtschaftsmacht, gibt geringfügig Quotenanteile ab. Es wird als drittgrößter Anteilseigner von China abgelöst. Konkret werden 6,4 Prozent der Anteile überwiegend an Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien umverteilt. Die Anteilsquoten bestimmen das Stimmgewicht einzelner Länder und ihren Kapitalbeitrag.

Merkel dementiert Kabinettsumbildung

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Medienberichte über einen geplanten Umbau ihrer Regierung klar zurückgewiesen. Das betrifft auch Spekulationen über einen Rückzug von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aus dem schwarz-gelben Kabinett, über die das "Handelsblatt" berichtete.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Schäuble am Rande des G20-Gipfels in Seoul sagte Merkel am Freitag: Man sei hier im "trauten Einvernehmen". Die Dinge seien frei erfunden. Zuvor hatte Regierungssprecher Steffen Seibert klar gestellt: "Die Bundeskanzlerin hat keinen Anlass für eine Kabinettsumbildung. Insofern ist die Geschichte im "Handelsblatt" frei erfunden."

Laut "Handelsblatt" soll Innenminister Thomas de Maizière (CDU) an Stelle von Schäuble neuer Finanzminister werden. Tanja Gönner, Umweltministerin in Baden-Württemberg, könnte ins Kabinett kommen. Gerüchte um einen Ausstieg Schäubles gibt es immer wieder - aufgrund seines Gesundheitszustandes und zuletzt im Zusammenhang mit seinem zurückgetretenen Sprecher. Schäuble hatte diesen in der vergangenen Woche auf einer Pressekonferenz öffentlich bloßgestellt.

dpa