Was darf die GEZ?: Weiter Streit um Gebühreneinzug

Was darf die GEZ?: Weiter Streit um Gebühreneinzug
Eigentlich sollte mit dem neuen Rundfunkgebührenmodell alles einfacher und gerechter werden. Doch an den Befugnissen der Gebühreneinzugszentrale GEZ scheiden sich die Geister. Reden die Beteiligten aneinander vorbei?
09.11.2010
Von Rolf Westermann

Beim ZDF auf dem Mainzer Lerchenberg versteht man die Aufregung über das neue Gebührenmodell für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht. Einstimmig haben die Ministerpräsidenten den Umstieg auf eine Haushaltsabgabe ab 2013 beschlossen. Das neue Verfahren gilt als einfacher und gerechter als die bisherige gerätebezogene Gebühr. Dennoch gibt es hartnäckige Kritik von Datenschützern. Sie bemängeln, die Gebühreneinzugszentrale GEZ habe zu viele Eingriffsmöglichkeiten in die Rechte der Menschen.

Zwar kommt der ehemalige Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Hans Peter Bull, in einem Gutachten für ARD und ZDF zu dem Ergebnis, dass künftig deutlich weniger Daten über den Einzelnen herangezogen würden. Auch ZDF-Justiziar Carl-Eugen Eberle betont: "Nachforschungen, wie sie die gerätebezogene Rundfunkgebühr erforderten, sind bei der Wohnungs- und Betriebsstättenabgabe nicht mehr nötig." Dennoch bleiben die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern bei ihrer harschen Kritik. In einer Stellungnahme bemängeln sie: "Die bestehenden Befugnisse bei der Geldeintreibung werden beibehalten und teilweise sogar noch erweitert."

Ermittlung sensibler Daten

Wie kommen die Datenschützer zu dieser Einschätzung? Künftig soll jeder Haushalt eine Rundfunkabgabe von voraussichtlich 17,98 Euro im Monat bezahlen. Es wird aber Fälle geben, in denen sich Mieter nicht bei der GEZ melden. Diese müssen ermittelt werden. Die Brandenburger Datenschutzbeauftragte Dagmar Hartge - Vorsitzende des Arbeitskreises Medien - kritisiert, dass die Meldebehörden über einen Zeitraum von zwei Jahren der GEZ ihre Daten übermitteln können, um Wohnsitze festzustellen. Außerdem habe die GEZ weitreichende Kompetenzen bei der Ermittlung säumiger Zahler: "Eigentlich kann man recht einfach herausfinden, wer in einer Wohnung wohnt", sagt Hartge. "Da braucht man nicht die Stromanbieter zu befragen, den Arbeitgeber oder öffentliche Stellen. Das alles wird der GEZ aber ohne Not erlaubt. Darüber hinaus kann die GEZ sogar Daten mit Hilfe angekaufter Adressen ermitteln."

Besonders viele sensible Daten werden nach Einschätzung Hartges bereits jetzt über Sozialhilfeempfänger erhoben. Da viele aus Kostengründen von den Kommunen keine Bescheinigung zur Befreiung von den Rundfunkgebühren erhielten, müssten sie Kopien ihrer kompletten Bescheide an die GEZ schicken. "Dadurch gelangt die GEZ in den Besitz vieler Daten, die nicht erforderlich sind. Das ist sonst keiner Behörde erlaubt und das wird sehr viele Menschen treffen", meint sie.

Die GEZ - eine "Superschnüffelbehörde"?

Aus einer völlig anderen Perspektive sieht das der Chef der Mainzer Staatskanzlei, Martin Stadelmaier (SPD), der die Rundfunkpolitik der Länder koordiniert. Für ihn steht die Vereinfachung im Vordergrund: "Es sind keine Anträge auf Gebührenbefreiung mehr nötig, es reicht der Sozialhilfebescheid. Das ist eine große Entlastung." Zum Datenschutzproblem meint er: "Jeder kann Einzeldaten schwärzen, die nicht benötigt werden." Stadelmaier will den Gesprächsfaden noch einmal aufnehmen, obwohl der Vorsitzende der Konferenz der Datenschutzbeauftragten, Jörg Klingbeil, glaubt: "Es ist unrealistisch, dass noch nachgebessert wird."

In dem Streit wird mit Superlativen nicht gegeizt. So muss sich die ungeliebte GEZ als "Supermeldebehörde" bezeichnen lassen, der FDP-Bundestagsabgeordnete Burkhardt Müller-Sönksen sprach kürzlich sogar von einer "Superschnüffelbehörde". Er fordert gleich ihre komplette Abschaffung. Der CSU-Medienpolitiker Eberhard Sinner findet solche Äußerungen hanebüchen und ZDF-Justiziar Eberle hält dem entgegen: "Die GEZ ist auch in Zukunft notwendig. Ihre Wirtschaftlichkeit ist dokumentiert. Sie arbeitet fast um die Hälfte kostengünstiger als die Finanzämter beim Einzug der Kirchensteuer."

dpa