Kolumbien: Hilfswerke warnen Niebel vor Projekt

Kolumbien: Hilfswerke warnen Niebel vor Projekt
Mehrere deutsche Hilfswerke wenden sich gegen ein geplantes staatliches Entwicklungshilfe-Projekt in der Bürgerkriegsregion Macarena in Kolumbien. "Der bewaffnete Konflikt ist gegenwärtig, es finden häufig Kampfhandlungen statt", heißt es in einem gemeinsamen Bericht, der am Freitag in Bogotá veröffentlicht wurde.

Alle bewaffneten Akteure, darunter Sicherheitskräfte, Guerilla, rechtsextreme Gruppen und Drogenbanden verletzten das humanitäre Völkerrecht. Die kolumbianische Regierung verfolge in Macarena vor allem militärische Ziele. Der Bericht sollte am Freitag Mitarbeitern von Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) übergeben werden, der zurzeit Kolumbien besucht.

Die Hilfswerke, darunter die kirchlichen Organisationen Caritas international, Misereor und Diakonie Katastrophenhilfe, hatten im Oktober eine Kommission zur Einschätzung der Lage in die Region südöstlich von Bogotá entsandt.

"Direkt mit der lokalen Bevölkerung kooperieren"

Das Entwicklungsministerium plant über die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) im Gebiet des Macarena-Nationalparks ein Umweltkataster zu erstellen. Ziel ist es, die Vergabe von Landtiteln an Kleinbauern vorzubereiten. Für zwei Jahre sind 500.000 Euro vorgesehen. Deutsche Helfer sollen nicht eingesetzt werden.

Für besonders problematisch halten die Hilfswerke, dass das deutsche Engagement im Rahmen eines sogenannten Konsolidierungsplans der kolumbianischen Regierung vorgesehen ist. Hier dominiere die Sicherheitspolitik, heißt es in dem Bericht. Hauptziel sei die Wiederherstellung der staatlichen Kontrolle über Gebiete, die von Rebellen kontrolliert wurden. In manchen Teilen der Region, einer Hochburg der Guerilla "Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens" (FARC), sei sogar eine Zunahme der Kämpfe festzustellen.

Wegen des Bürgerkriegs hat die Zivilbevölkerung laut Bericht nur wenige Möglichkeiten zur Mitsprache. In der Landfrage bestehe sogar die Gefahr, dass Vertreibungen legalisiert würden. Der katholische Bischof José Figueroa rät davon ab, den militärischen-zivilen "Konsolidierungsplan" zu unterstützen. Deutsche Entwicklungsexperten sollten stattdessen "direkt mit der lokalen Bevölkerung kooperieren", schlägt Figueroa vor.

Vorrang der Menschenrechte

Die deutschen Hilfsorganisationen plädieren für einen Vorrang der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts. Bei dem geplanten GTZ-Projekt befürchten sie eine Vermischung militärischer und entwicklungspolitischer Ziele, was das Entwicklungsministerium bestreitet. Auch Niebel selbst verteidigte das Projekt und erklärte, es habe mit Aufstandsbekämpfung nichts zu tun.

Der "Konsolidierungsplan" leistet aus Sicht der Hilfswerke keinen erkennbaren Beitrag zum Schutz der Menschenrechtes. Durch eine deutsche Beteiligung könnten unabhängige Organisationen und ihre Partner in den Konflikt hineingezogen und zu Angriffszielen werden, warnen sie.

epd