Bestürzung über den Tod von Hermann Scheer

Bestürzung über den Tod von Hermann Scheer
Der SPD-Umweltpolitiker Hermann Scheer ist tot. Der Träger des Alternativen Nobelpreises starb am Donnerstag mit 66 Jahren, wie die SPD am Freitag mitteilte. Den Angaben zufolge starb er in einem Berliner Krankenhaus, in das er sich wegen akuter Herzschwäche begeben hatte. Politiker und Umweltverbände reagierten bestürzt auf den unerwarteten Tod Scheers.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel erklärte, die Nachricht habe ihn tief erschüttert und sprachlos gemacht. Die Auszeichnung mit dem Alternativen Nobelpreis habe gezeigt, dass sein hellsichtiges Wirken für die Energiewende große internationale Beachtung gefunden habe. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeiner nannte Scheer einen leidenschaftlichen Anwalt der Zukunft: "Hermann Scheer war ein großartiger Gesprächspartner, ein kluger Mahner, ein kühner Visionär."

Das Engagement des 1944 im hessischen Wehrheim geborenen Scheer gehörte den regenerativen Energien. Er war Präsident der europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien EUROSOLAR und Vorsitzender des Weltrats für Erneuerbare Energien. 1998 erhielt er den Weltsolarpreis und ein Jahr später den Alternativen Nobelpreis für seinen Einsatz zur Förderung der Solarenergie. Das "Time Magazine" ernannte Scheer zum "Hero for the Green Century" ("Held des grünen Jahrhunderts").

Politischer Pate der erneuerbaren Energien

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) kondolierte Scheers Ehefrau. In seinem Beileidsbrief würdigte er Scheer als herausragenden Parlamentarier. Neben seinem Engagement für erneuerbare Energien habe er "als Politiker mit einem breiten Spektrum an Interessen" mit zahlreichen Beiträgen "die politische und gesellschaftliche Diskussion beeinflusst und bereichert", schrieb Lammert in seinem Beileidsbrief.

Die Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Europäischen Parlament, Rebecca Harms und Daniel Cohn-Bendit erklärten, Scheer habe immer wieder engagiert und streithaft dafür geworben, dass die erneuerbaren Energien und der Atomausstieg der einzige Weg für eine sichere und nachhaltige Zukunft seien. "Diesen Weg werden wir, auch in seinem Sinne, entschieden weitergehen."

Scheer gilt als Vater des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von 2000, das er nach Aussagen seines Parteifreundes Ernst Ulrich von Weizsäcker gegen heftigen Widerstand durch den Bundestag gebracht hat. Damit wurde die Produktion alternativer Energien entscheidend gefördert. Im vergangenen Jahr kritisierte Scheer das Wüstenstromprojekt "Desertec" als zu einseitig und technokratisch.

Scheer war Mitglied des Bundestages seit 1980. 1993 bis 2009 saß er im SPD-Bundesvorstand. Er trat bereits 1965 in die SPD ein, beteiligte sich an den Studentenprotesten in Berlin und Heidelberg, wo er Politik, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften studierte. Er hinterlässt seine Frau und eine Tochter.

"Unersetzlicher Verlust für die Umweltbewegung"

SPD-Chef Gabriel lobte Scheers Streitbarkeit: Scheers Widerspruchsgeist habe ihn nicht an Parteisolidarität gehindert, ihn aber vor Konformismus bewahrt. Nach Einschätzung des früheren Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) war es notwendig, dass Scheer auch polarisierte. "Viele Dinge sind ohne Hermann Scheers Aktivitäten gar nicht denkbar gewesen."

Die Deutsche Umwelthilfe nannte Scheers Tod einen "unersetzlichen Verlust für die Umweltbewegung und die Politik". Für alle, die sich um die Zukunft sorgten, aber nicht an ihr verzweifeln wollten, sei Hermann Scheer der Antreiber schlechthin gewesen.

Der Stifter des Alternativen Nobelpreises, Jakob von Uexküll, erklärte: "Hermann Scheer war während der letzten 20 Jahre der weltweit einflussreichste Fürsprecher für erneuerbare Energien." Er habe zu den ersten gehört, die gezeigt hätten, dass es möglich sei, ein modernes Industrieland komplett auf Basis erneuerbarer Energien zu versorgen.

 

dpa