Freudentaumel in Chile: Die ersten Kumpel sind nach mehr als zwei Monaten in dunkler Tiefe wieder heil an der Oberfläche. Die historische Rettung lief in der Nacht zu Mittwoch wie am Schnürchen. Die geborgenen Männer wirken trotz ihrer Odyssee unter Tage putzmunter.
Als erster der 33 verschütteten Männer wurde Florencio Ávalos um kurz nach Mitternacht Ortszeit (05.10 Uhr MESZ) mit einer engen Rettungskapsel aus dem unterirdischen Gefängnis befreit. Es folgten Mario Sepúlveda und Juan Illanes. Danach kletterte der einzige Nicht- Chilene, Carlos Mamani aus Bolivien, aus der Kapsel.
Die Geretteten fielen zuerst ihren Angehörigen in die Arme, die zusammen mit dem chilenischen Präsidenten Sebastián Piñera vor dem Rettungsschacht gebangt hatten. Rund um den Globus wurde das längste Grubendrama in der Geschichte live verfolgt, Mitfiebernde verschickten Internetbotschaften, US-Präsident Barack Obama wünschte ebenfalls Glück.
"Die Erde hat einen Mann geboren"
Angehörige und auch die rund 1.600 Journalisten aus aller Welt reagierten im Lager Esperanza bei der Mine San José mit Jubelschreien, Hochrufen, Beifall und Freudenausbrüchen auf jede neue Rettung. Luftballons in den chilenischen Nationalfarben Rot, Weiß und Blau stiegen in den klaren Nachthimmel, als Ávalos aus der Rettungskapsel entlassen wurde. "Die Erde hat einen Mann geboren", formulierte das chilenische Staatsfernsehen. "Das hat den chilenischen Traum erfüllt", sagte Präsident Piñera voller Stolz und freudestrahlend.
Fast exakt eine Stunde später stieg Sepúlveda - der es schon im Stollen als Spaßvogel und «Reporter» zu Ruhm gebracht hatte - aus der Kapsel, fiel seiner wartenden Frau um den Hals und wurde wie ein Rockstar bejubelt. Er war ausgelassen vor Freude und wirkte bei bester Gesundheit. Er schrie sein Glück heraus und feierte mit den Rettern. Auch er musste sich dann aber in die Obhut der Ärzte begeben.
Dann kam Juan Illanes, der auf die Frage antwortete, wie die Fahrt denn gewesen sei: "Wie eine Vergnügungstour."
Die Bilder von der unglaublichen Freude über die Rettung konnten auch die anderen Kumpel in mehr als 600 Metern Tiefe sehen, die nun ebenfalls einer nach dem anderen nach oben gezogen werden sollen. Dafür sind bis zu zwei Tage veranschlagt.
Die Geretteten wurden in ein bereitstehendes Behelfslazarett getragen, wo sie kurz untersucht werden sollten. Je vier sollen zusammen per Hubschrauber in die Klinik der nahe gelegenen Stadt Copiapó geflogen werden.
"Jetzt liegt alles Schöne vor uns"
Zuvor waren Retter zu den Kumpeln herabgelassen worden. Als der erste, Manuel Gonzalez, unten ankam, war auf Live-Bildern zu sehen, wie er von den seit knapp 70 Tagen Verschütteten euphorisch und überglücklich begrüßt wurde.
"Ich bin so froh, danke Gott, dass er gut zurückgekommen ist", sagte der Vater von Ávalos. "Alles Schlimme liegt jetzt hinter uns und alles Schöne vor uns", sagte Alicia Campos, Mutter von Daniel Herrera. Er steht auf der Liste der zu Rettenden auf Nummer 16.
Die Bergleute sitzen seit dem 5. August in ihrem Verlies in der Kupfer- und Goldmine in der Atacama-Wüste fest. Erst nach 17 Tagen konnten sie ein Lebenszeichen absetzen.
Westerwelle: Rettung in Chile ist modernes Wunder
"In den ersten Tagen, als wie nicht wussten, ob sie noch leben, ob sie tot sind oder wo sie sind, haben vielleicht manche die Hoffnung aufgegeben. Aber andere nicht. Deshalb hat Chile sich bewiesen", sagte Piñera.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat sich sehr erfreut und erleichtert über den erfolgreichen Beginn der Rettungsaktion für die chilenischen Bergleute gezeigt. "Ganz Deutschland freut sich mit den Bergleuten und ihren Angehörigen. Der erfolgreiche Beginn dieser Rettungsaktion ist ein modernes Wunder", sagte er am Mittwoch nach einer Mitteilung seines Amtes. "Ich hoffe, dass die Bergung bald glücklich zu Ende gebracht werden kann."