Sarkozy macht Roma-Debatte zu EU-Gipfelthema

Sarkozy macht Roma-Debatte zu EU-Gipfelthema
Der Streit um Frankreichs Roma-Politik wird auch den EU-Gipfel in Brüssel beschäftigen. Frankreichs Staatschef Sarkozy will das Thema bei dem heutigen Treffen ansprechen.

Der Streit um die Abschiebung tausender Roma aus Frankreich wirbelt den Brüsseler EU-Gipfel durcheinander. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy ging am Vorabend des Gipfels in die Offensive und erklärte, er wolle das Reizthema am Donnerstag im Kreise der europäischen Partner behandeln. Eigentlich sollte es auf dem Gipfel um den Euro-Stabilitätspakt, um Pakistan und um die Beziehungen zu China und Indien gehen.

EU-Kommissarin rudert zurück

Sarkozy ist über die Kommission verärgert, die juristische Schritte gegen Frankreich wegen der Roma-Ausweisung angekündigt hatte. Vor allem aber ist er empört über EU-Justizkommissarin Viviane Reding, die die Ausweisungen indirekt in Zusammenhang mit Deportationen durch die Nazis gebracht hatte. "Ich habe nicht geglaubt, dass Europa nach dem Zweiten Weltkrieg noch einmal Zeuge einer solchen Situation wird." Am Mittwochabend hieß es aus Paris, Reding habe sich für ihre Äußerungen entschuldigt. Der Pariser Präsidentenpalast teilte dazu knapp mit, man habe dies zur Kenntnis genommen.

Premierminister François Fillon erklärte am Abend bei einem Treffen der europäischen Konservativen in der Nähe von Brüssel, Frankreich werde auf dem Gipfel klar machen, dass es nationales Recht und EU-Recht respektiere. Er bezeichnete Redings Weltkriegs-Vergleich als "skandalös". Zuvor war aus der Umgebung des Präsidenten verlautet, Sarkozy habe erklärt, Redings Heimatland Luxemburg könne die Roma gerne aufnehmen.

"Historische Vergleiche nicht passend"

Rückendeckung bekam Sarkozy vom konservativen italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi. Er sagte der Pariser Tageszeitung "Le Figaro" (Donnerstag) zur Roma-Debatte: "Es betrifft alle Länder Europas. Man muss daher dieses Thema auf die Tagesordnung des EU-Gipfels setzen, damit wir alle gemeinsam darüber sprechen, um eine gemeinsame Position zu finden."

Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die Kritik von Reding an der französischen Roma-Politik als überzogen. "Ich finde, dass die Kommission natürlich das Recht hat, dass man überprüft, ob die Mitgliedsstaaten auf der rechten Grundlage der europäischen Verträge handeln. Aber ich finde, dass der Ton, in dem Frau Reding es vorgebracht hat, und vor allem die historischen Vergleiche nicht so ganz passend waren", sagte Merkel bei einem Treffen der europäischen Konservativen in Meise bei Brüssel. Auch Merkel sagte, sie gehe davon aus, dass das Thema bei dem Gipfel zur Sprache komme.

Weitere Themen bei Gipfel-Treffen

Ein weiteres Streitthema bei dem eintägigen Spitzentreffen sind die verstärkte europäische Haushaltsaufsicht und der verschärfte Euro-Stabilitätspakt. Die Reformarbeiten kommen derzeit nur schleppend voran. Merkel sprach sich für ein scharfes Vorgehen bei Verstößen gegen die Defizitregeln aus: "Deutschland wird strenge Sanktionen unterstützen. Es wird wichtig sein, dass wir deutlich machen, dass sich eine solche Krise des Euro nie wiederholen darf."

Kurz vor dem Spitzentreffen kam wieder Bewegung in den Streit um das historische Freihandelsabkommen mit Südkorea. Die EU-Außenminister wollten am Rande des Gipfels darüber beraten, berichteten Diplomaten. Das sei ein Signal für eine mögliche Lösung.

Italien blockiert bisher als einziges EU-Land den eigentlich fertig ausgehandelten Pakt, um seine heimische Autobranche zu schützen. Rom fürchtet eine explodierende Nachfrage nach südkoreanischen Kleinwagen. Das Abkommen soll auf der anderen Seite europäischen Exporteuren milliardenschwere Vorteile im dem asiatischen Land eröffnen. Ein weiteres Gipfelthema sind die strategischen Beziehungen der EU zu aufstrebenden Wirtschaftsgiganten wie China oder Indien.

dpa