Der fünf Quadratmeter große Raum in der Pariser Avenue Saint Mandé liegt in einem Altbau auf der sechsten Etage. Kein Wasseranschluss, kaum Licht - eine Abstellkammer in Toilettengröße. Dennoch war die Verkaufsanzeige nach wenigen Tagen mit dem Schild "Vendu" überklebt - verkauft! Die Maklerin macht kein Hehl daraus, dass der geforderte Kaufpreis von 30.000 Euro erzielt wurde. Ein Quadratmeterpreis von 6.000 Euro - in Berlin wird für eine normale Wohnung statt einer Abstellkammer gerade einmal die Hälfte gefordert.
Auch in anderen europäischen Metropolen belebt sich der Markt. In London etwa kostet eine 50- bis 60-Quadratmeter-Wohnung in halbwegs vernünftiger Lage um die 350.000 Euro, also mehr als 7.000 Euro pro Quadratmeter. Wer Pech hat, findet dafür dann Schimmel an den Wänden, Mäuse im Keller und einfach verglaste Fenster vor.
Die Preise in London haben sich in den vergangenen zwei bis drei Jahren zwar nur unwesentlich verändert. Doch einem kleinen Einbruch in der Finanzkrise steigen die Preise wieder an. Viele Viertel sind im Modernisierungsprozess; die Preise steigen dort rasant - besonders, wenn die Stadtteile an den öffentlichen Nahverkehr angebunden werden. Noch unklar ist bisher der Effekt der bevorstehenden Olympischen Spiele.
Madrid und Berlin noch erschwinglich, Paris gar nicht mehr
Während Paris und London mit horrenden Mieten drohen, lässt es sich in Madrid und Berlin noch ganz gut leben, was europäische Metropolen angeht. Nach dem Platzen der Immobilienblase 2007 waren die Wohnungspreise in Madrid im Schnitt um 11 Prozent gefallen, im ganzen Land nach Angaben der Immobilienbranche sogar zwischen 17 und 25 Prozent. Vor allem an der Mittelmeerküste um Valencia und Alicante, wo viele Spanier und auch Deutsche und Briten Ferienwohnungen haben, gingen die Preise in den Keller. Die Branche sitzt derzeit in ganz Spanien auf 600.000 bis 700.000 Wohnungen, die keine Käufer finden. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis in Madrid lag dem spanischen Immobilienportal idealista.com zufolge im zweiten Quartal bei 3.831 Euro, aber die Nachfrage steigt.
Ganz ähnlich sieht es in Berlin aus. Aus der deutschen Hauptstadt berichten Branchenvertreter von anziehender Nachfrage und steigenden Preisen. Auffällig teurer würden etwa Eigentumswohnungen im ehemaligen Ostteil der Hauptstadt, urteilt die bundeseigene Immobiliengesellschaft TLG. In mittleren Wohnlagen würden inzwischen bis zu 3.500 Euro pro Quadratmeter gezahlt. Junge Familien mit höherem Einkommen mieteten allerdings zunehmend Häuser, statt sie zu kaufen, beobachtet der Branchenverband IVD.
Paris leidet unter seiner Einwohnerlast
In Paris allerdings macht der verrückte Wohnungsmarkt seit Wochen Schlagzeilen. Nie zuvor lagen die Preise dort so hoch: die Notarkammer berichtet von einem Rekord bei den Preisen für Altbauten, die wie in anderen Metropolen auch weiter das Gros der Wohnungen ausmachen. Im Schnitt liegt der Quadratmeter-Preis bei 6.680 Euro - im beliebten Viertel Saint-Germain sogar bei 12.440 Euro. "Die Nachfrage hat das Angebot weit hinter sich gelassen", erklärt der Vorsitzende der Notarkammer für den Großraum Paris, Christian Lefebvre.
Das mit dem Mieten würden die Pariser auch gern können. Die französische Hauptstadt ist eine der dichtbesiedeltsten Städte der Welt. 70- bis 75-Quadratmeter-Wohnungen in halbwegs guter Pariser Lage haben längst die 2000-Euro-Grenze an Monatsmiete hinter sich gelassen haben. Der Siedlungsdruck ist hoch: Gut 2 Millionen Menschen leben auf etwas mehr als 105 Quadratkilometern. Zum Vergleich: In Berlin sind es knapp 3,5 Millionen auf 891 Quadratkilometern. Die Bevölkerungsdichte im Stadtgebiet von Paris ist inzwischen höher als die von Tokyo. In Paris kommt noch die "unité urbaine" dazu, das durchgehend bebaute Gebiet rund um die französische Hauptstadt. Dort leben auf 2.700 Quadratkilometern noch einmal 10 Millionen Menschen.
Soziale Spannungen durch exklusive Mieten
Pariser Verbraucherschützer rufen daher angesichts eines durchschnittlichen Mietpreises von 22,30 Euro pro Quadratmeter zum Einfrieren der Mieten auf. Schon jetzt sind die Mieten ein Grund für soziale Spannungen in und um Paris. Allein schon wegen der hohen Kosten kommen die Bewohner der Banlieus, der Vorstädte, nicht aus dem Umfeld der langsam verfallenden Vorstädte raus. Der soziale Aufstieg ins Stadtgebiet bleibt ihnen verwehrt.
Die französische Zeitung "Liberation" hat untersucht, was man sich für 300.000 Euro in Paris leisten könnte - und was man dafür in anderen Städten des Landes bekäme. Das Ergebnis war verblüffend. Gab es in Lille noch ein Haus mit großem Garten oder in Marseille ein 120-Quadratmeter-Appartement in bester Innenstadtlage, so reichte das Geld in Paris nur für ein 30 Quadratmeter großes Zimmer.