Kampf gegen Burnout: Vorgesetzte haben Schlüsselrolle

Kampf gegen Burnout: Vorgesetzte haben Schlüsselrolle
Damit die Mitarbeiter Feuer und Flamme bleiben: Dortmunder Forscher unterstützen Betriebe im Kampf gegen Burnout. In NRW bieten spezielle Zentren Wiedereingliederungshilfen an.
25.08.2010
Von Miriam Bunjes und Dirk Baas

In Anja Meuters Werbeagentur wird seit einigen Wochen anders gearbeitet: Wer zu einem Kunden fährt, informiert zwei Tage vorher das ganze Team und stellt das Ziel des Termins und den Stand der Vorbereitungen vor. Spätestens zwei Tage nach dem Termin sollen alle wissen, was der Termin ergeben hat. "Die Zwei-Tages-Regel" haben Agenturchefin Meuter und ihre zehn Angestellten die neue Vorschrift getauft. "Dass über Abläufe und Ergebnisse informiert werden soll, war auch vorher schon so", sagt Anja Meuter. "Dass es dafür keinen festen Ablauf gab, fanden viele Mitarbeiter stressig."

Die Meuter und Team GmbH aus Gescher im Münsterland hat sich in einem Pilotprojekt der TU Dortmund auf ihr Burnout-Risiko untersuchen lassen. Ergebnis: Akut gefährdet ist kein Arbeitnehmer im Betrieb. Einige Abläufe im Büro könnten aber besser sein.

Bournout-Risiken: Vorgesetzte haben Schlüsselrolle

"Burnout wird viel zu oft als individuelles Versagen wahrgenommen", sagt Dagmar Siebecke, Psychologin und Arbeitswissenschaftlerin. "Dabei sind gerade die besten Mitarbeiter betroffen: Diejenigen, die für ihren Job brennen und viel Zeit und Energie investieren." Das allein verursache nicht zwangsläufig einen Burnout. "Wenn die Arbeitsbedingungen stimmen, kann man problemlos sehr viel arbeiten", sagt Siebecke. Drei Jahre lang hat sie mit Soziologen und Sozialpsychologen der Unis Dortmund und München das Burnout-Risiko von Arbeitsabläufen untersucht und ein Konzept entwickelt, wie Betriebe einem Ausbrennen ihrer Belegschaft vorbeugen können.

Nach einer Studie der Betriebskrankenkassen entstehen in Deutschland durch psychische Belastungen im Job volkswirtschaftliche Kosten in Höhe von 6,3 Milliarden Euro. Dabei entfallen etwa drei Milliarden Euro auf die Krankheitsbehandlung und 3,3 Milliarden Euro auf den Produktionsausfall.

Im Kampf gegen Burnout kommt nach einer aktuellen Untersuchung der Bertelsmann Stiftung (Gütersloh) den Vorgesetzten eine Schlüsselrolle zu. Denn: Wenn Führungskräfte ihre Mitarbeiter unterstützen, sinkt das Burnout-Risiko erheblich. "Beenden oder unterbrechen die Vorgesetzten ihre Unterstützung jedoch, steigen die durch Burnout bedingten Ausfälle in der Belegschaft schnell wieder auf den vorherigen Stand", ist eine der Kernaussagen der Langzeitstudie. Die Unterstützung könne den Forschern zufolge sowohl durch Arbeitsmittel, Tipps und Arbeitsentlastung als auch durch Zuspruch, Motivation und Zuhören erfolgen. Dieses "sozial unterstützende Verhalten muss zu einer ständigen Führungsaufgabe werden", heißt es bilanzierend in der Studie.

Auch Siebecke bestätigt, dass oft unzureichende Betriebsabläufe auslösend für Burnout wirken. "Schlechte Informationsflüsse führen dazu, dass Mitarbeiter nicht wissen, warum sie etwas machen. Dieser fehlende Sinn macht unzufrieden", sagt die Expertin. Ein weiteres Risiko ist das fehlende Feedback von Vorgesetzten und Kunden: "Auch das führt dazu, dass ein Arbeitnehmer den Sinn seiner Arbeit aus den Augen verliert."

Burnon-Zentren bieten Wiedereingliederungshilfen

In Nordrhein-Westfalen werden auf der Basis der Forschungsergebnisse der TU Dortmund ausgebrannte, kranke Mitarbeiter für die Rückkehr in den Beruf fitgemacht. In sogenannten Burnon-Zentren bietet ihnen ein Netzwerk aus Physiotherapeuten, Psychologen, Arbeitswissenschaftlern, Arbeitsrechtlern und Ärzten Wiedereingliederungshilfen an. Auch unterstützen Burnon-Zentren Betriebe, die präventiv gegen das Ausbrennen ihrer Mitarbeiter vorgehen wollen. Die Ausgaben für betriebliche Gesundheitsförderung ließen sich bis zu 500 Euro pro Beschäftigten von der Steuer absetzen, sagt die Arbeitswissenschaftlerin Siebecke, die im Burnon-Zentrum Düsseldorf arbeitet.

Anja Meuter ist überzeugt, dass sie von dem Burnout-Check profitieren wird. "Wir gehen alle mit offeneren Augen durch den Betrieb." Sie selbst hat sich vorgenommen, häufiger mit Mitarbeitern über die Ziele und Ergebnisse der Arbeit zu sprechen.

epd