Obwohl Glee im deutschen Fernsehen bislang nicht ausgestrahlt wird, hat diese Serie von "Nip/Tuck"-Schöpfer Ryan Murphy aus dem Hause Fox auch hierzulande schon viele Anhänger. Dabei ist Glee auf den ersten Blick nichts anders als eine Highschool-Serie in der Tradition von Serien wie "Degrassi Junior High" (1987-1989), "21 Jump Street" (1987-1991) oder "Beverly Hills 90210" (1990-2000). Es geht um Liebeskummer, ungewollte Schwangerschaft, Homosexualität oder Stress mit den Eltern: Klassische Teenagerprobleme also oder das, was Fernsehmacher so für Teenagerprobleme halten.
Das Setting der Serie ist entsprechend banal. Der Spanischlehrer Will Schuester unterrichtet an der fiktiven William McKinley High School in Lima, Ohio. Als der Musiklehrer und bisherige Leiter des Glee-Clubs, eines Show-Chors, entlassen wird (er hat einen Schüler angebaggert), beschließt er, den Club selbst zu übernehmen. Schließlich war Schuester als Schüler selbst Mitglied des Glee-Clubs, der damals jedoch ungleich erfolgreicher. Der Weg zurück auf die Erfolgsspur ist natürlich mit diversen Problemen gepflastert. Für den Neustart erhält Will vom stets sparsamen Direktor nur ein monatliches Budget von 60 Dollar und die Auflage, nur bereits gebrauchte Kostüme und Requisiten zu verwenden. Auch die Begeisterung der Schüler für einen Glee-Club hält sich in Grenzen. Zunächst findet nur eine Außenseitertruppe zusammen.
Hoffnungsvolle Außenseiter
Rachel (Lea Michele), die ihre zwei schwulen Väter und Barbra Streisand zum Vorbild hat, hält "Ruhm für das wichtigste in unserer Kultur". Halbwaise Kurt (Chris Colfer) ist homosexuell, trägt stets die neuesten Designer-Klamotten und hat Angst davor, dass sein Vater mit seiner sexuellen Orientierung Probleme hat. Mercedes (Amber Riley) ist farbig, dick und zickig und Artie (Kevin McHale) ist ein bebrillter Streber, der im Rollstuhl sitzt. Als der umschwärmte Football-Star Finn (Cory Monteith) zu dieser Außenseitertruppe stößt, stellt sich langsam der Erfolg ein. Stets gebremst natürlich durch den eifersüchtigen Coach der Cheerleader, Sue Sylvester (Jane Lynch), der keine Intrige zu schade ist, um Will Schuester ein Bein zu stellen. Und natürlich geht auch im Privatleben der Protagonisten einiges durcheinander. Wills Frau täuscht eine Schwangerschaft vor, um die Ehe zu retten, die unter anderem daran leidet, dass Will in die Schulpsychologin Emma (Jayma Mays) verliebt ist, die jedoch eine Phobie vor Viren und Bakterien hat, was das Küssen deutlich erschwert. Rachel liebt Finn, der ist aber mit der Cheerleaderin Quinn zusammen, die wiederum von Finns Freund Noah (Mark Salling) schwanger ist.
Was die Serie sehenswert macht ist die Musik. Glee ist schrill und bunt, Glee ist Popmusik in Reinform. In jeder Folge präsentieren die Darsteller in atemberaubenden Kostümen und grandiosen Choreographien Coverversionen bekannter Hits, mit denen die Geschichte voran gebracht wird oder besonders wichtige Botschaften vermittelt werden. Als Will die Schwärmereien seiner Schülerin Rachel zuviel werden, schmettert er ihr einen Mix aus "Don`t Stand so Close To Me" (The Police) und "Young Girl" (Gary Puckett) entgegen. Und die Schwangerschaft der minderjährigen Quinn wird den Eltern mit dem Singen von "(You're) Having My Baby" (Paul Anka) verklickert. Für besonderes Aufsehen sorgte die Folge "The Power of Madonna", bei der nur Songs der Pop-Diva gespielt wurden und das Video "Vogue" 1:1 nachgedreht wurde – mit Sue Sylvester in der Hauptrolle. Madonna selbst adelte Glee indem sie erklärte, die Show sei "in jeder Hinsicht brillant". Besonders erfreut zeigte sich die Queen of Pop darüber, dass Glee die Botschaft von Gleichberechtigung verbreite. Auch Lady Gaga war begeistert als sie sah, was Glee aus ihren Hits "Bad Romance" und Paparazzi" zauberte.
Gutes Geschäft
Besonders die Musik macht Glee für die Macher auch zu einem guten Geschäft. Kurz nach der Ausstrahlung einer Episode landen die darin präsentierten Lieder im i-Tunes-Store. Und von dort wandern sie direkt in die Hitparaden. 2009 landeten 25 Glee-Singles in den amerikanischen Charts. Nur die Beatles schafften bislang mehr: 1964 platzierten sie 31 Songs. Die verschiedenen Glee-Alben haben sich in den USA bislang mehr als sieben Millionen Mal verkauft. Bei bis zu 13 Millionen Zuschauern pro Folge wundert es daher nicht, dass Fox von der Serie eine zweite und dritte Staffel in Auftrag gegeben hat. Wohl auch zur Freude auch von First Lady Michelle Obama, die ebenfalls ein Glee-Fan ist und die Schauspieler in diesem Jahr zum traditionellen Ostereierrollen ins Weiße Haus einlud. Die revanchierten sich und sangen nicht nur Bad Romance (Lady Gaga) sondern auch die amerikanische Nationalhymne. Bunt und schrill natürlich!
Hier ein Ausschnitt aus "Glee":
Henrik Schmitz ist Redakteur bei evangelisch.de und betreut die Ressorts Medien und Kultur.