Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat Google aufgefordert, sein geplantes Verfahren zur Bearbeitung von Widersprüchen gegen den Internet-Dienst Street View genau darzulegen. Eine detaillierte Verfahrensbeschreibung liege bislang nicht vor, kritisierte Schaar in den "Ruhr Nachrichten" (Mittwoch) in Dortmund.
Der Datenschutzbeauftragte äußerte sich besorgt darüber, dass Fotos aus Google Street View mit Adressverzeichnissen oder Telefonbuchdaten verknüpft werden könnten. Daraus könne dann ein ziemlich brisanter Daten-Mix entstehen, der etwa Aufschluss geben könne über Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit von Privatleuten, sagte Schaar nach einer Vorabmitteilung der Tageszeitung.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) begrüßte es grundsätzlich, dass Google ein Widerspruchsrecht vor der Einführung des Dienstes ermöglicht. In einem Gespräch mit der WAZ-Gruppe (Mittwoch) äußerte er sich nach einer Vorabmitteilung aber besorgt über einen "weltweit möglichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen".
Hecken und Zäune umgangen
Der Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund, Rolf Kornemann, kritisierte, dass die Fotos für Street View deutlich über Augenhöhe aufgenommen worden seien. Hecken und Zäune, die als Sichtschutz gedacht seien, würden so umgangen, sagte Kornemann der "Mitteldeutschen Zeitung" (Mittwoch). Betroffene Eigentümer sollten Widerspruch einlegen, empfahl Kornemann.
Der Datenschutzbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Detlef Rückert, sieht das Projekt zwiespältig. Einerseits schließe sich die EKD den Forderungen nach dem Schutz der Privatsphäre und der Offenlegung der gewonnen Daten an, sagte der Oberkirchenrat am Mittwoch in Berlin dem epd. "Andererseits hat die Kirche ein Interesse daran, dass ihre Kirchengebäude als öffentliche Einrichtungen zu sehen sind."
Es sei daher nicht sinnvoll, alle kirchlichen Gebäude auf Google-Bildern löschen zu lassen, sagte Rückert. Auch kirchliche Verwaltungsgebäude sollten zu erkennen sein. Anders liege der Fall möglicherweise bei Pfarrhäusern. Es dürfe keinesfalls zu erkennen sein, wer bei seinem Pastor um Hilfe bitte.
Google hatte am Dienstag mitgeteilt, das Angebot werde zunächst für 20 Städte in Deutschland eingeführt. Mieter und Hausbesitzer sollen vorher mit einem Online-Formular die Gelegenheit bekommen, ihr Gebäude unkenntlich zu machen.
Der Internet-Experte der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, warf der schwarz-gelben Bundesregierung in der "Berliner Zeitung" (Mittwoch) vor, sie habe es versäumt, einen verlässlichen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, an den sich Google halten müsse. Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionsvize Olaf Scholz. "Die von Google eingeräumten Widerspruchsrechte müssen für die Bürgerinnen und Bürger einfach zu erreichen und wahrzunehmen sein. Das muss in der Realität gut funktionieren", sagte er.
Einspruch weiterhin gegeben
Unterdessen wehrte sich der Konzern gegen Kritik an der vierwöchigen Einspruchsfrist. Die Möglichkeit zum Widerspruch bestehe seit Mai 2009 - "per Brief, Mail oder Fax", sagte Sprecherin Lena Wagner der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwochsausgabe). Die am Montag startende vierwöchige Einspruchsfrist sei nur für diejenigen gedacht, die bisher keinen Einspruch einlegten und in einer der 20 Städte leben, die ab Ende des Jahres in Street View zu sehen sein werden.
Auch nach dieser Frist besteht nach ihren Angaben immer noch die Möglichkeit, eine Hausfassade unkenntlich machen zu lassen. Wer sein Haus entfernen lassen möchte, könne über einen Link in Street View den Auftrag dazu erteilen.
Google Street View stand zuletzt in der Kritik, weil bekannt wurde, dass bei den Kamerafahrten für Aufnahmen in den Städten auch Daten aus offenen Funknetzen erfasst und von Google gespeichert wurden.