China will offenbar die Todesstrafe abschaffen

China will offenbar die Todesstrafe abschaffen
Bei dem deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialog am Mittwoch in Berlin hat China zugesichert, die Zahl der Hinrichtungen zu reduzieren und die Todesstrafe langfristig abschaffen zu wollen. Zugleich wies die chinesische Vizeaußenministerin Kritik des Westen an der Menschenrechtssituation in ihrem Land zurück.

Eine umgehende Abschaffung der Todesstrafe habe China abgelehnt, teilte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), nach der sechsten Gesprächsrunde dieser Art mit. Der Menschenrechtsdialog wurde nach anderthalbjähriger Pause wieder aufgenommen.

"Von chinesischer Seite war der Wille spürbar, den Dialog über Menschenrechte fortzusetzen und die deutsch-chinesischen Beziehungen voranzubringen", sagte Löning. Gleichzeitig gebe es nach wie vor unterschiedliche Wahrnehmungen wie beispielsweise bei den Rechten von Minderheiten. "Der gewaltfreie Einsatz für politische Ziele darf von den chinesischen Behörden nicht mit unverhältnismäßiger Härte verfolgt werden", kritisierte der Menschenrechtsbeauftragte.

Große Fortschritte gemacht

Wichtig sei eine differenzierte Wahrnehmung Chinas in der deutschen Öffentlichkeit, betonte Löning. "China ist nicht schwarz-weiß, sondern hat viele Grauschattierungen." Das Land habe bei den sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechten große Fortschritte gemacht. Der Zugang der Bevölkerung zu Nahrung, Trinkwasser und Bildung habe sich deutlich verbessert.

Der FDP-Politiker hob die Bedeutung der Menschenrechtspolitik innerhalb der Bundesregierung hervor. "Sie ist ein zentraler Bestandteil des Wertekerns unserer Politik und ein Stabilitätsfaktor in den internationalen Beziehungen", so Löning. Die chinesische Delegation wurde vom Außenministerium der Volksrepublik geleitet. An den Gesprächen nahm auch ein Richter vom obersten chinesischen Volksgerichtshof teil.

Die Maßstäbe der Europäer

Die chinesischen Vizeaußenministerin Fu Ying monierte dagegen in der Wochenzeitung "Die Zeit", die Kritik sei ein "Stereotyp im Verhalten der Europäer". Fu sagte, sie höre so gut wie nie, dass es bei den Menschenrechten Fortschritte gegeben habe. Die Europäer mäßen nicht mit dem richtigen Maßstab. "Ich frage mich, ob Ihnen klar ist, wo Sie in Sachen Menschenrechte zu Zeiten der frühen Industrialisierung standen, in denen China erst jetzt ist", betonte die Vize-Ministerin. Die Menschenrechtslage in der Volksrepublik habe sich grundlegend verbessert. Aber europäische Politiker klagten China immer noch an und befragten es "in herablassender Weise".

Berlin und Peking halten seit 1999 jährlich Dialoge zu Fragen der Menschenrechte abwechselnd in Deutschland und China ab. Vor dem Treffen am Mittwoch in Berlin fand die Runde im November 2008 statt. 2007 hatte China das Treffen aus Verärgerung über den Besuch des Dalai Lama bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgesagt.

epd