Kassenbeiträge: Versicherte werden wohl doppelt belastet

Kassenbeiträge: Versicherte werden wohl doppelt belastet
Die gesetzlich Krankenversicherten müssen sich auf steigende Beiträge einstellen - und zwar im doppelten Sinn: Denn es soll nicht nur der normale Beitragssatz erhöht, sondern auch der Zusatzobulus, den Krankenkassen direkt erheben können.

Die geplante Erhöhung der Krankenkassenbeiträge stößt bei Opposition und Sozial- und Wirtschaftsverbänden auf Ablehnung. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf der Bundesregierung Versagen vor. Auch Wirtschaftsverbände wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Arbeitgeberverband reagierten mit scharfer Kritik. Koalitionspolitiker verteidigten die Pläne für Beitragserhöhungen in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die Koalition hat die Details der geplanten Reform noch nicht offiziell mitgeteilt, die abschließenden Verhandlungen sollen am Dienstag stattfinden. Berichten zufolge soll der Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung im kommenden Jahr von 14,9 Prozent auf 15,5 Prozent steigen. Arbeitnehmer müssten dann 8,2 Prozent ihres Einkommens statt 7,9 Prozent zahlen, die Arbeitgeber 7,3 Prozent statt 7,0 Prozent. Zudem soll offenbar die Höchstgrenze bei den Zusatzbeiträgen der Kassen angehoben werden. Damit reagiert die Koalition auf das erwartete Defizit der gesetzlichen Krankenkassen von elf Milliarden Euro im kommenden Jahr.

FDP verteidigt Pläne als "gleichmäßige Verteilung"

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Daniel Bahr (FDP), wies Kritik an der geplanten Beitragserhöhung zurück. Die Koalition achte auf die "gleichmäßige Verteilung der Last" und beziehe daher Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Steuerzahler mit ein, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Zugleich kündigte er die Schaffung eines Sozialausgleichs an, ohne Details zu nennen.

Scharfe Kritik an den Plänen der Koalition kam von Oppositionsführer Steinmeier. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssten mehr zahlen, weil Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) seine Arbeit nicht mache, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende der "Bild am Sonntag". Steinmeier: "Diese Regierung hat kapituliert. Sie hat nicht mehr die Kraft und den Zusammenhalt für eine kostendämpfende Reform im Gesundheitswesen."

Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, wies auf den drohenden Kaufkraftverlust für Ruheständler durch steigende Beitragssätze hin. "Höhere Kassenbeiträge sind schmerzhaft für die Rentner. Dadurch wird die Renten-Nullrunde zur Minusrunde", sagte sie der "Bild"-Zeitung (Samstagsausgabe).

Auch bei Wirtschaftsverbänden stießen die Pläne auf Protest. "Der Beitragssatz darf nicht auf 15,5 Prozent steigen", sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt der "Bild am Sonntag". Die Koalition sei mit der Zusage angetreten, die Kassenbeiträge stabil zu halten. Es dürfe keine neuen Belastungen für Wirtschaft und Arbeit geben. Die Koalition müsse zumindest den Arbeitgeberbeitrag auf dem heutigen Niveau von 7,0 Prozent festschreiben, verlangte Hundt.

Noch keine endgültigen Entscheidungen

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, warnte die Koalition ebenfalls vor dem Bruch eigener Versprechen. "Steigende Lohnzusatzkosten wären das Gegenteil einer tragfähigen Reform", sagte er der "Bild"-Zeitung (Samstagsausgabe). Er forderte den Einstieg "in die einkommensunabhängige Gesundheitsprämie in Verbindung mit einem steuerfinanzierten sozialen Ausgleich".

Die Spitzen der Regierungskoalition hatten in der vergangenen Woche über die Finanzierung des Gesundheitswesens verhandelt. CSU-Chef Horst Seehofer sagte der "Bild am Sonntag", endgültige Entscheidungen seien noch nicht gefallen. "Es zeichnet sich ein Mix aus Ausgabeneinsparungen und Beitragsanhebungen ab, über deren Ausgestaltung wir noch reden müssen", sagte der bayerische Ministerpräsident der Zeitung.

Der einheitliche Beitragssatz der gesetzlichen Krankenkassen war bei der Einführung des Gesundheitsfonds Anfang 2009 mit 15,5 Prozent festgelegt worden, er wurde aber zum 1. Juli 2009 im Rahmen eines Konjunkturpakets auf 14,9 Prozent gesenkt. Der Anteil der Arbeitnehmer beträgt derzeit 7,9 Prozent, während die Arbeitgeber 7,0 Prozent zahlen.

epd