Wählen dürfen Altgediente, Prominente und Parteilose

Wählen dürfen Altgediente, Prominente und Parteilose
Am 30. Juni wählt die Bundesversammlung einen Nachfolger für Horst Köhler. Den Bundespräsidenten wählen auch Personen ohne politisches Mandat.

Den nächsten Bundespräsidenten wählen 1.244 Frauen und Männer. Die Bundesversammlung, die am 30. Juni einen Nachfolger für Horst Köhler bestimmt, setzt sich zusammen aus 622 Bundestagsabgeordneten und in gleicher Zahl aus Wahlleuten der Länder. Unter den Vertretern der Bundesländer finden sich zahlreiche Persönlichkeiten ohne politisches Mandat - aus Kultur, Sport, Wissenschaft, Wirtschaft und Kirchen.

Prominente ohne politisches Mandat

Wegen der WM in Südafrika fehlt Prominenz aus dem Fußball. Dafür sind Prominente aus anderen Sportarten bei der Präsidentenwahl aufgeboten, so Verena Bentele und Hannelore Brenner, Medaillengewinnerinnen der Paralympics. Promis aus der Kulturszene sind etwa die Schauspielerinnen Martina Gedeck, Nina Hoss und Nina Petri, ihr Kollege Walter Sittler und Regisseur Sönke Wortmann. Aus Bayern kommt der Jazzmusiker Klaus Kreuzeder, aus Berlin wird der Liedermacher und Sänger Klaus Hofmann entsandt.

Auch Wirtschaftsleute und Unternehmer finden sich traditionell unter den Wahlleuten. 2010 sind es die Verleger Hubert Burda und Friede Springer, der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Peter Keitel, der ehemalige Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Ludwig-Georg Braun, die einstige Treuhand-Chefin Birgit Breuel sowie Andreas Barner, Sprecher der Unternehmensleitung Böhringer Ingelheim. Aus dem Kreis der Gewerkschaften nehmen DGB-Chef Michael Sommer und Berthold Huber von der IG Metall an der Bundesversammlung teil.

Vertreter der evangelischen Kirche

Führende Vertreter aus der evangelischen Kirche sind ebenfalls unter den Wahlleuten. Die hessische SPD wartet mit der Frankfurter evangelischen Pröpstin Gabriele Scherle auf, die SPD-Landtagsfraktion in Stuttgart mit Klaus-Dieter Kottnik, dem Chef der bundesweiten Diakonie. Die Erfurter Pröpstin Elfriede Begrich, die Ende August aus ihrem Amt ausscheidet, nimmt auf Vorschlag der Linkspartei an der Präsidentenwahl teil. Hingegen wird die mitteldeutsche Bischöfin Ilse Junkermann nicht über den neuen Bundespräsidenten abstimmen. Sie verzichtete auf das Amt als Wahlfrau. "Ich werde an der Bundesversammlung nicht teilnehmen, um die Freiheit des Bischofsamtes unserer evangelischen Kirche gegenüber allen gesellschaftlichen Gruppen nicht zu gefährden", erklärte Junkermann, die von der SPD Sachsen-Anhalt nominiert worden war. An ihrer Stelle fährt eine Ex-Ministerin nach Berlin.

Altgediente Politiker

Lang ist die Liste altgedienter Politiker, die in die Bundesversammlung entsandt sind. Auf der Riege einstiger Länderchefs finden sich Dieter Althaus, Georg Milbradt, Lothar Späth, Erwin Teufel, Bernhard Vogel (alle CDU), Edmund Stoiber und Günter Beckstein (beide CSU) sowie Heide Simonis (SPD). Neben dem Islamwissenschaftler Navid Kermani bieten die hessischen Grünen die 89-jährige Hildegard Hamm-Brücher auf, die 2002 nach 54 Jahren aus der FDP austrat. Bei der Bundespräsidentenwahl 1994 war Hamm-Brücher Kandidatin der Liberalen für das höchste Amt im Staat. Auch Marianne Birthler, Beauftragte für die Stasi-Unterlagen, entscheidet auf Vorschlag der Berliner Grünen mit, ob ihr Vorgänger auf diesem Posten, Joachim Gauck, gewählt wird.

Schon bei ersten Präsidentenwahl 1949 waren von den 820 Wahlleuten 200 ohne parlamentarisches Mandat. Die Gruppe der "Außerparlamentarischen" fiel 2004 besonders groß aus, als nahezu jedes dritte Mitglied der Bundesversammlung ohne Parlamentsmandat war.

epd