Immer mehr Verfahren wegen Zwangsprostitution

Immer mehr Verfahren wegen Zwangsprostitution
In Deutschland nimmt die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen Zwangsprostitution weiter zu. Im Jahr 2009 wurden 534 Verfahren abgeschlossen, elf Prozent mehr als im Vorjahr. Das teilte der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, am Freitag in Berlin mit.

Auch die Zahl der registrierten Opfer stieg um fünf Prozent auf 710 im Jahr 2009. Wie aus dem vom BKA veröffentlichten Lagebild zum Menschenhandel hervorgeht, erhöhte sich die Zahl der unter 14-jährigen Opfer auf 41, mehr als doppelt so viele wie 2008. Wie in den Vorjahren stammt dem Bericht zufolge ein Großteil der Opfer aus dem europäischen Raum. Mit einem Viertel machen die deutschen Opfer den größten Anteil aus. Bei den ausländischen Opfern dominieren rumänische und bulgarische Staatsangehörige. Mit 87 Prozent handelt es sich nach wie vor um überwiegend weibliche Opfer.

"Die Täter gehen meist äußerst brutal vor", sagte Ziercke. Mit Mehrfachvergewaltigungen, Gewalt und Todesdrohungen würden die Frauen zur Prostitution gezwungen. Bei Opfern aus schwarzafrikanischen Ländern beobachte die Polizei zudem besondere Formen der Einschüchterung. "Durch Voodoo-Rituale wird den Opfern eine Schweigegelübde auferlegt, was sie in eine psychische Zwangslage bringt", erläuterte der Präsident des BKA.

Die meisten Verdächtigen sind Deutsche

Die Tatverdächtigen sind meist Deutsche. Die ausländischen Verdächtigen stammen größtenteils aus Bulgarien, Rumänien und der Türkei. Zudem häuften sich Hinweise, dass sich bundes- und europaweit nigerianische Menschenhändlergruppen etablierten. Trotz steigender Ermittlungsverfahren sei jedoch weiterhin von einem erheblichen Dunkelfeld auszugehen, sagte Ziercke. "Die Betroffenen wollen häufig nicht aussagen oder nehmen ihre Zeugenaussagen wieder zurück." Zudem hielten sich die Hintermänner meist im Ausland auf.

Renate Augstein vom Bundesfamilienministerium sagte, eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern arbeite derzeit an verbesserten gesetzlichen Rahmenbedingungen für Opfer von Menschenhandel. Insbesondere sei eine bessere Kontrolle des Umfelds und der Bedingungen von Prostitution in Deutschland notwendig. Aufgrund der Vielschichtigkeit von Menschenhandel, der neben sexueller Ausbeutung auch Arbeitsausbeutung, Kinder- und Organhandel umfasst, werde die Einrichtung eine nationalen Koordinierungsstelle geprüft. In Deutschland steht Menschenhandel seit 1973 unter Strafe.

epd