"Mankells Wallander: Der Kurier", 21. Mai, 21.45 Uhr im Ersten
Geschickt platziert: Kaum ist Henning Mankells letzter Wallander-Roman ("Der Feind im Schatten") in den Buchhandlungen und prompt auch auf den Bestsellerlisten aufgetaucht, präsentiert die ARD ein weiteres Werk aus der jüngsten, 13 Filme umfassenden Staffel. Dass die schwedisch-deutschen Koproduktionen nicht auf Buchvorlagen des weltberühmten Autors beruhen, tut dem Erfolg der Reihe keinen Abbruch; immerhin hat sich der Meister die Geschichten ausgedacht.
Schwunghafter Drogenhandel
Vom Kugelhagel des Finales mal abgesehen ist die eigentliche Krimihandlung allerdings relativ unspektakulär: Der gewaltsame Tod eines Motorradfahrers bringt Kurt Wallander (Krister Henriksson) und sein Team auf die Spur eines schwunghaften Drogenhandels. Schockierend sind allerdings die Details: Als Kuriere werden professionelle Rennfahrer eingesetzt; entsprechend eindrucksvoll sind die mit subjektiver Kamera gefilmten Bilder, wenn die Motorradprofis durch die Nacht rasen. Nach dem Ausfall des ersten Kuriers muss ein Kollege ran; die Gangster erpressen ihn dazu, indem sie ihn in einer Grube bei lebendigem Leibe mit flüssigem Zement übergießen und anschließend drohen, seiner hochschwangeren Freundin Gewalt anzutun. Trotzdem gelingt es der Polizei, den Mann zur Zusammenarbeit zu überreden und der Drogenmafia das miese Handwerk zu legen.
Wallander versagt als Vorgesetzter
Da von vornherein klar ist, wer sich in dieser Geschichte die Hände schmutzig macht – auch der vermeintlich unbescholtene Chef eines Motorradclubs hat jede Menge Dreck am Stecken -, liegt der Reiz der Handlung auf einer anderen Ebene: Allein dank der gebrochenen Figur Wallanders unterscheidet sich der Krimi von der üblichen Dutzendware. Mankell glaubt, das Erfolgsgeheimnis seines äußerlich unscheinbaren Helden liege in seiner Normalität: Wallander muss sich nicht bloß Verbrechern, sondern auch den Aufgaben des Alltags stellen. Größere Herausforderung als die Zerschlagung des Drogenkartells ist daher diesmal die Menschenführung: Als seine junge Mitarbeiterin Isabell (Nina Zanjani) von den Gangstern eingeschüchtert wird und prompt den Dienst quittiert, versagt Wallander als Vorgesetzter völlig; hier wird die Hauptfigur regelrecht demontiert. Zerknirscht fragt sich der Ermittler schließlich, warum er als Abteilungsleiter von den Kollegen zwar respektiert wird, aber nicht beliebt ist.
Bei allem Respekt auch für die handwerkliche Umsetzung (Regie: Leif Magnusson): Ein echter Wermutstropfen ist die Synchronisation, die die Qualität des Films mit ihrem typischen Kunstdeutsch hörbar schmälert.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).