Essen! Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Sieht man mir leider auch ein wenig an. Es gibt ja so viele leckere Dinge zu erkunden! Und viele Speisen haben wohlklingende Namen, die zunächst einmal gar nichts darüber verraten, was eigentlich das Rezept dahinter ist. Birne Helene, gut, wird wohl was mit Obst sein, aber sonst? Beim Obst hätten wir da noch den Pfirsich Melba. Kein Hinweis im Namen auf die Art der Zubereitung, außer wir erfinden mal eben das „Melbieren“. In Wirklichkeit ist er nach der Sängerin Nellie Melba benannt, doch nun weiß ich ohne weiteres Googeln immer noch nicht, worum es sich dabei handelt. Der Waldorfsalat wird übrigens nicht von den Schüler:innen der gleichnamigen Schulen zubereitet (also nur Waldorfschulen, nicht Waldorfsalatschulen natürlich), sondern wurde seinerzeit im Hotel Waldorf-Astoria in New York erfunden. Ja, so könnten wir weitermachen, beim Fleisch etwa mit dem Jägerschnitzel (das nicht aus Jägern gemacht ist, alter Witz, haha) und dem … Pfarrerschnitzel?
25 Jahre nach meiner Ordination zum Pfarrer begegnete mir diese Bezeichnung tatsächlich zum ersten Mal in meinem Leben. Ich hatte keine Ahnung, dass so ein Ding existiert. Ähnlich wie das mit dem Jäger ist das Pfarrerschnitzel natürlich auch nicht aus Pfarrern gemacht. Sondern wohl hauptsächlich aus Nackensteaks, Rinderbouillon, Knoblauch, Weißwein und Lorbeer.
Ich habe nun lange gegoogelt und keinerlei Erklärung für diese Bezeichnung gefunden. Lediglich diesen einen Satz, der mir als bekennendem unterfränkischem Weißweintrinker eher ein zusätzliches Rätsel ist:
„Der Name ist interessant, weswegen ihr ihn euch bestimmt gut merken könnt. Auch wenn Pfarrer Rotwein trinken, wird in diesem Rezept mit Weißwein gekocht. Vielleicht war es ursprünglich Rotwein und die Köche haben ihn nach ihrem Geschmack durch Weißwein ersetzt.“
Hm nun ja. War mir auch neu, dass ich nur Rotwein trinken darf. Weil wir Pfarrer:innen natürlich auch nur beim Abendmahl Wein trinken, oder? Und da steht der Wein für das Blut Christi, weshalb gelegentlich Rotwein genommen wird – doch Weißwein ist auch fleckentechnisch viel praktischer, um nicht zu sagen: Unauffälliger.
Kleine Auffälligkeit am Rande: Google behauptet, auf Chefkoch.de habe es 4771 Treffer für „Pfarrerpfarrerschnitzel“ gefunden. Klickt man drauf, kommt natürlich – kein einziger Treffer. Mit nur einem Pfarrer dagegen das übliche Rezept.
Ich habe mal ChatGPT gefragt, ob er (sie?) weiß, wo der Name herkommt. Der stellt aber auch nur ganz allgemeine Vermutungen an. „Es gibt einige Vermutungen“, lese ich mal als „ich habe keine Ahnung, aber irgendwas muss ich ja schreiben“. Und ganz von der Hand zu weisen ist der folgende Text tatsächlich nicht:
Die Bezeichnung „Pfarrerschnitzel“ hat keinen einheitlich dokumentierten Ursprung, aber sie könnte auf regionale Traditionen oder humorvolle Bezeichnungen zurückzuführen sein. Oftmals werden in der Küche humorvolle oder ironische Namen für Gerichte verwendet, die auf Berufe, Persönlichkeiten oder historische Gegebenheiten anspielen.
Es gibt einige Vermutungen, wie der Name „Pfarrerschnitzel“ entstanden sein könnte:
- Ein einfaches Gericht für den Pfarrer: In ländlichen Gemeinden wurde der Pfarrer oft von Gemeindemitgliedern bekocht. Das „Pfarrerschnitzel“ könnte ein einfaches und leicht zuzubereitendes Gericht gewesen sein, das man dem Pfarrer gerne servierte.
- Spott oder Ironie: Möglicherweise spielt der Name auf humorvolle Weise auf den bescheidenen Lebensstil eines Pfarrers an. Das „Pfarrerschnitzel“ könnte ein Gericht sein, das in seiner Zubereitung oder Zutatenliste einfacher und bodenständiger ist als ein klassisches Wiener Schnitzel.
- Regionaler Ursprung: Manche Regionen haben ihre eigenen, speziellen Bezeichnungen für bestimmte Gerichte, und der Begriff könnte sich im Laufe der Zeit eingebürgert haben, ohne dass er weit verbreitet ist.
Das „Pfarrerschnitzel“ scheint also eher ein lokaler oder humorvoller Ausdruck zu sein, ohne eine tiefere theologische oder historische Bedeutung.
Ja, danke, ChatGPT. Auch nicht so richtig hilfreich. Vielleicht war’s ja auch einfach das Lieblingsgericht eines ganz bestimmten Kollegen, damals, sagen wir mal vor 237 Jahren, der sich jeden Sonntag irgendwo bei einer Familie zum Essen einlud – und weil alle wussten, was er gerne mag, gab es halt jeden Sonntag irgendwo im Ort Pfarrerschnitzel.
Vielleicht ist es aber auch eine Erfindung des berühmten Sternekochs Julius Pfahrer aus dem Allgäu, der mit diesem nach ihm benannten Gericht seinen Weltruhm begründete (nein, nicht googeln, den Namen hab ich grade erfunden).
Oder aber ein Kollege (da wir bei all diesen Erklärungen etliche Jahrzehnte zurückgehen, kann es leider noch keine Kollegin gewesen sein) hat mal versehentlich dieses Rezept mit auf die Kanzel genommen statt der Predigt – ich kenne Leute, die etwas in der Art schon fertiggebracht haben, allerdings mit der Einkaufsliste.
Möglicherweise gab es auch vor vielen Jahren einmal einen Kochwettbewerb um die beste Form der Schnitzelzubereitung. Die Jury bestand damals aus dem Pfarrer, dem Bürgermeister und dem örtlichen Jäger. Das Rezept für das Bürgermeisterschnitzel ist leider verloren gegangen. Doch welches dem Jäger und welches dem Pfarrer am besten schmeckte – das wissen wir nun.
Oder … Wissen Sie eventuell, wo der Name herkommt? Und ernst gemeinte Frage: Kannten Sie die Bezeichnung? Ich hab davon wirklich noch nie gehört.
Auch wenn ich derart fleischlastige Gerichte gar nicht mehr so gerne esse wie früher – ich fürchte, das Kollegenschnitzel muss ich doch mal probieren. Guten Appetit!