Mondbibeln

Raumfahrt
Mondbibeln
Die Heilige Schrift auf dem Erdtrabanten? Na klar!

Die Bibel war einfach schon überall. Sogar auf dem Mond. Kein Witz: Die Mondmission Apollo 14 im Jahr 1971 hatte nicht nur eine, sondern gleich zehn Bibeln mit an Bord. Lesen konnte sie aber vermutlich niemand an Bord, sofern zur Ausrüstung der Apollo nicht ein Mikrofilm-Lesegerät gehörte, was wir leider nicht herausfinden konnten. Die Bibeln waren nämlich jeweils nur so groß wie Briefmarken, enthielten aber die komplette King-James-Bibel. Ja, liebe terabytefestplattenverwöhnte Computergeneration, so speicherte man früher Informationen auf kleinstem Raum. Ob Buchverzeichnis der Uni-Bibliothek oder eben die Bibel: auf dem Bildschirm des Lesegerätes, das im Prinzip aus einem Mikroskop und einem in alle Richtungen verschiebbaren Halter für den Mikrofilm bestand, wurde alles wieder sichtbar.

Nun also, ob lesbar oder nicht, die erste Apollo-Mission nach dem tragischen Unglück von Apollo 13 hatte jedenfalls irgendwie göttliche Begleitung. Acht der zehn Bibeln betraten sogar gemeinsam mit Astronaut Edgar Mitchell die Mondoberfläche. Warum die anderen zwei nicht mit raus wollten, ist nicht überliefert.

Eingefädelt hatte die ganze Aktion die „Apollo Prayer League“, eine christliche Gruppe, die bereits seit einem Unfall bei Apollo 1 die Missionen mit ihren Gebeten begleitete. Der Geistliche John M. Stout, der die ganze Sache ins Rollen gebracht hatte, nahm die Bibeln nachher wieder in Empfang und gab sie an Freunde weiter. Was sich als ziemlich wertvolles Geschenk erwies: Eine der Bibeln wurde 2012 für den Mondpreis von 56.000 Dollar versteigert. Ein Buch wurde über die Bibeln geschrieben. (Carol Mersch: The Apostles of Apollo. The Journey of the Bible to the Moon and the Untold Stories of America's Race into Space, 2013)

Darüber, wem die Bibeln nun tatsächlich gehören, entspann sich nach dem Tod von Stout ein jahrelanger teurer Rechtsstreit zwischen dem Staat Texas und der Autorin Carol Mersch, der letztlich die Bibeln zugesprochen wurden.

Und das alles nur für ein Stückchen Film, das heute sowieso kaum noch jemand lesen kann? Ja, tatsächlich. Ist es nicht ein geradezu magisches Verständnis, dass Gott gewissermaßen in diesem Film mehr anwesend ist? Hängt Gottes Schutz daran, dass wir eine Bibel mit uns führen, selbst, wenn wir sie nicht lesen können?

Sicher nicht, das ist klar. Auf der anderen Seite brauchen wir Menschen aber eben immer wieder Symbole. Um das, worüber wir nicht verfügen können, irgendwie im wahrsten Sinn des Wortes begreifbar zu machen. Um es spürbar zu machen: Gott ist da. Das kann eine Kerze sein (im Raumschiff sicher verboten). Das kann ein kleines Kreuz sein. Oder eben die Bibel in Filmgestalt. Das Wort ward Film und wohnte über uns auf dem Mond. Ach nein, sie haben ja keine Bibel dort gelassen. Das hätte ich faszinierend gefunden – und gleichzeitig übergriffig, als würde der Mond dem Christentum „gehören“. Also vielleicht doch besser, dass sie alle wieder mit zurück kamen.

Oder vielleicht auch nicht? Wenn Sie mal wieder jemanden auf den Mond schießen wollen, schießen Sie vielleicht sicherheitshalber ein Mikrofilm-Lesegerät mit.