Was tun, wenn immer weniger Menschen die Kirche besuchen? Heutzutage reicht es einfach nicht mehr, ein jahrhundertealtes touristisch ansprechendes Gebäude hinzustellen und darauf zu warten, dass die Touristen kommen. OK, die kommen vielleicht wirklich noch, aber dann knipsen sie nur die schönsten Motive in der Kathedrale und gehen wieder weiter. Mit Glaubensfragen beschäftigen sie sich eher weniger bei ihrem Besuch.
Was tatsächlich recht gut funktioniert: Neue, ungewohnte Perspektiven bieten. Das können ungewöhnliche Zeiten sein, etwa bei den vielerorts beliebten „Nächten der Offenen Kirchen“. Das können Kunstinstallationen in der Kirche sein – so wie das „Lichtkreuz“, von dem wir letztes Jahr berichteten. Neue Perspektiven in und auf die Kirche: Das kann aber auch heißen, an Orte vorzudringen, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist. Auge in Auge mit Kunstwerken, die in schwindelerregender Höhe in der Kirche angebracht sind. Ein neuer Blick auf den Kirchenraum. Sich damit beschäftigen, wie dieses Gebäude von seinen Erbauern „gemeint“ war. Selbst darauf hören, was der Raum „mir zu sagen hat“.
Die Kathedrale im englischen Norwich geht dabei konsequent neue Wege, in der Hoffnung, dadurch auch neue Gespräche über den Glauben zu ermöglichen. Yogamatten auf dem Boden erlauben es, die Decke in 21 Metern Höhe wahrzunehmen. Ein Labyrinth im nördlichen Querhaus lädt zum Gehen und zum Nachdenken über das eigene Leben ein. Und und und. „Seeing it differently“ - Dinge anders sehen, so das gemeinsame Motto der verschiedenen Aktionen.
Die spektakulärste Attraktion aber wird im August 2019 eine Rutsche sein. „Helter Skelter“ ist eine Jahrmarktsattraktion: Ein großer Turm, an dessen Außenseite sich die Rutsche in die Tiefe windet. Coole Idee, die im wahrsten Sinn neue Perspektiven auf den Kirchenraum eröffnet. Ob sie auch neue Perspektiven auf den Glauben eröffnen kann? Das wird sich zeigen.
Klar, dass die Berichterstattung sich vor allem auf die aufsehenerregendste Aktion konzentriert – die Rutsche in der Kirche. Eventuell wird dann noch das Dinosaurierskelett erwähnt, das im kommenden Jahr der Kirche einen Besuch abstatten wird.
Kein Wunder, wenn die kritischen Stimmen ertönen: „Verfrühter Aprilscherz!“ „Kirche macht sich zum Affen!“ und so weiter, das übliche halt. Schade eigentlich. Vielleicht ist es ja doch kein so schlechter neuer Zugang zu diesem Kirchengebäude.
Falls Sie zwischen 7. und 18. August 2019 zufällig in Norwich sein sollten – schauen Sie doch mal rein und rutschen Sie eine Runde.