Kennen Sie QR-Codes? Wahrscheinlich schon. Das sind diese quadratischen Felder mit seltsamen schwarzweißen Flecken, die mithilfe eines Smartphones in Links, Kontaktdaten oder Textbotschaften verwandelt werden können. Eigentlich eine ganz praktische Sache, die jedoch nach wie vor von den wenigsten genutzt wird, mal abgesehen von Werbefachleuten.
Schon seit langem gibt es ja Grabsteine mit QR-Codes, wir berichteten bereits vor langer Zeit darüber. Die Paramentenwerkstatt der von Veltheim-Stiftung und Textil-Restaurierung beim Kloster St. Marienberg in Helmstedt hatte nun anlässlich des Luther-Jubiläums eine bahnbrechende neue Idee: Wie wäre es, so einen QR-Code in ein Parament, also das Tuch am Altar, zu integrieren? Der Berliner QR-Künstler Michael Weisser gestaltete einen Entwurf, den die Paramentenwerkstatt nun umsetzte und vorstellte.
Die zweite Frage jedoch ist die noch viel wichtigere: Was soll das? Selbst ich, der ich doch durchaus technikaffin bin, nutze diese Codes sehr selten. Und selbst ich habe nun nicht gerade viele Ideen, wie man den Code am Altar wirklich nutzen könnte. Ein Link zur Predigt auf der Website? Zum Gottesdienstablauf? Der Wochenspruch? All das könnte man mit deutlich weniger Aufwand haben. Dazu kommt, dass das Parament spätestens aus der vierten Reihe ja kaum noch zu scannen ist – und in den vordersten Bankreihen traditionell ja sowieso niemand sitzt.
So führt das QR-Parament nur dazu, dass zu der traditionellen Beschwerde „Ich höre Sie immer so schlecht!“ (traditionelle Antwort: „Dann setzen Sie sich doch nicht in die letzte Reihe!“ noch eine weitere hinzukommt: „Ich kann Ihre Botschaften so schlecht scannen“ (traditionelle Antwort: Siehe oben.)
Eine innovative Idee, zweifelsohne. Ich möchte nun auch sicher nicht zu den Bedenkenträgern gehören, die alles Neue sofort wieder abwürgen. Vielleicht gibt es ja doch sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten?
Eine könnte ich mir noch vorstellen: Gerade in touristisch attraktiven Kirchen könnte so ein Parament ja die ganze Woche über hängen – und dann die Besucherinnen und Besucher neugierig machen. Der Code könnte still und leise auf die nächste Veranstaltung hinweisen, zu einem online-Kirchenführer führen oder vielleicht tatsächlich auch zur Predigt des vergangenen Sonntags. Ein netter Gag, klar, keine Frage. Ob sich aber dafür zwei Jahre Herstellungsarbeit lohnen?