Der schönste Tag des Lebens: Das soll für viele der Tag der Hochzeit sein. In manchen Traugesprächen, die ich so führe, wird dieser Tag dermaßen überhöht, dass mir schon fast Angst wird. Als ob es danach nur noch abwärts gehen würde. Als ob es niemals wieder so schöne und glückliche Tage geben würde wie diesen. Wie wäre es beispielsweise mit der Geburt eines Kindes?
Na, wie auch immer. Der Unterschied ist vielleicht, dass man diesen einen Tag ziemlich gut planen kann. Und dass es dank vieler schmalziger Liebesfilme ziemlich genaue Bilder in den Köpfen gibt, wie der Tag auszusehen hat. Natürlich gehört dazu die Trauung in der Kirche. In Weiß. Vater führt die Braut herein, begleitet vom „Hochzeitsmarsch“. Ringwechsel, Kuss, Sängerin („The Rose“). Und so weiter. Sie kennen das.
Da ist es dann vielleicht doch ehrlicher, was die Künstler Vivienne und Tino Taubert in Callenberg anbieten: Eine völlig kirchenfreie Kirche. Sprich: Ein Gebäude, das aussieht wie eine Kirche, aber keine ist. Hier können freie Trauungen und auch andere Feiern ohne schlechtes Gewissen dem Pfarrer gegenüber gefeiert werden. Praktischerweise gibt es dann im Untergeschoss noch Räume für die anschließende Feier. Alles aus einer Hand.
Spannend, dass manche unserer Traditionen doch so prägend sind. So sehr, dass andere versuchen, sie nachzumachen. Ob eine „kirchliche Trauung“ ohne Kirche wirklich eine sinnerfüllte Trauung sein kann? Oder fehlt da nicht gerade das Wichtigste: Der Segen, den wir uns nicht selbst zusprechen können? Vielleicht werden die Eheleute es nicht bemerken. Vielleicht werden sie wirklich eine wunderschöne Feier haben. Wir wünschen es ihnen von Herzen, ohne Groll. Und arbeiten daran, unser eigenes Angebot noch menschenfreundlicher und liebevoller zu gestalten.