Frauenkirche mal anders

Frauenkirche mal anders
Foto: dpa/Swcoast Administration
In Taiwan eröffnet eine neue Kirche, speziell für Frauen. Vielleicht aber auch für Männer. Oder für alle, die - Schuhe lieben.

Während in unserem Lande immer stärker überkommene Frauenbilder in Frage gestellt werden, fahren manche Menschen im fernen Taiwan offensichtlich voll darauf ab: Frauen, das sind die, die Schuhe mögen. Am liebsten richtig hohe High Heels. Und was sind schon 8 Zentimeter? Oder 10? Oder sogar 20? Nee nee, die neue Rekordhöhe liegt bei sage und schreibe 17 Meter. Sieb. Zehn. Me. Ter. OK, komplette Schuhhöhe, über die Höhe des Absatzes allein wurde in den uns vorliegenden Quellen kein Wort verloren.

Möglicherweise sind Absätze in dieser Größenordnung zwar hübsch, aber ein klein wenig unpraktisch. Passen nicht so recht in die handelsüblichen Schuhregale, aber kann ja sein, dass die bei IKEA in Taiwan auch etwas andere Baugrößen haben als bei uns. Ein zusätzliches Problem besteht darin, dass es leider nur einen einzigen Schuh gibt und nicht zwei. Und dieser ist auch nicht zum Anziehen und drin Herumstöckeln gedacht. Nein, umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Frauen sollen in ihn hineingehen, also, IM SCHUH herumstöckeln! Ist nämlich gar kein Schuh, sondern eine Kirche in Form eines Schuhs. Oder ein Schuh in Form einer Kirche. Ob es sich um eine christliche Kirche im nur zu wenigen Prozent christlichen Taiwan handelt oder ein, sagen wir mal, allgemein nutzbares Gotteshaus, war unseren Quellen nicht zu entnehmen. Ist anscheinend auch nicht so wichtig. Es geht ja um die Kundenorientierung oder so. Zielgruppe. Was man halt so macht heutzutage, um die Leute wieder zum Beten zu kriegen. Wie es die Website bigfm sehr treffend fomulierte: „Zukünftig soll Frau also nicht mehr nur Schuhe an-, sondern auch in einem Schuh beten.“ Na denn. Beten wir, dass das gut geht.

Jedenfalls bietet dieser Kirchenschuh alles, was das grundsätzlich und stereotyp schuhbegeisterte und rosaromantisch-verliebte Frauenherz begehrt: Platz für die Traumhochzeit! 100 Stellen für Fotoaufnahmen! Davon 71 „in romantischem Stil“, was auch immer das bedeutet! Fotoplätze für Verliebte! Sandwiches! Kuchen!

Auf halber Höhe, ungefähr am Ende des Absatzes, gibt es dann auch noch so etwas wie eine Freiluftbühne, auf der es dann wohl ziemlich abgehen wird. Bandkonzerte im Schuh! High-Heel-Feten! Romantischer Ausguck! Hier geht die Frau von heute. Vielleicht betet sie sogar mal, eventuell, wenn sie am Abgrund der Bühne steht und nach unten guckt.

Das einzige, wovon ich nichts gelesen habe, ist ein dazu passender Männergarten, Tschuldigung, eine Männerkirche, vielleicht in Form eines Motorrads oder Autos, in dem bzw. der die Frauen ihre verzweifelt guckenden Männer parken können, während sie verzückt kreischend von romantischem Örtchen zu romantischem Örtchen stöckeln. Ach nein, geht ja nicht, zu einwandfrei funktionierender Romantik muss man, äh, frau, die Männer (und zwar beiderlei Geschlechts und Hermaphroditen, ach Brian, halt die Klappe) ja auch mitnehmen (obwohl sie dann oft wegen ihres stereotyp nicht vorhandenen Einfühlungsvermögens auch wieder stören), und überhaupt, viele Männer sollen ja High Heels durchaus auch attraktiv finden, hab ich mal gehört. Also, vielleicht ist es ja sogar eher eine Männerkirche, diese Schuhkirche, oder dieser Kirchenschuh.

Zu letzterer Theorie würde auch die Tatsache passen, dass die Schuhkirche in Jungs-Blau gehalten ist und nicht in Plüschrosa. Aber vielleicht sind die taiwanesischen Farbkombinationen ja auch andere als unsere traditionell-europäischen. Oder die Farbe ist von jener Eisprinzessin inspiriert, in deren Kleid auch unsere Jüngste derzeit glückselig den ganzen Tag herumrennt, ohne Stöckelschuhe allerdings. Vielleicht ist es aber auch so, dass neben den Sandwiches noch taiwanesischer Reiswein oder Whiskey oder sonstiger Schnaps verkauft wird, weil man dieses ganze Schuhbiduh ja nur blau ertragen kann. Was weiß ich.

Ach ja, natürlich darf auch eine tragische Geschichte nicht fehlen, an die dieser monumentale Schuhbau erinnern soll: Der Sage nach gab es einmal eine Frau, der kurz vor der Hochzeit wegen einer in dieser Gegend grassierenden Krankheit die Beine amputiert werden mussten, woraufhin sie den Rest ihres Lebens unverheiratet in der Kirche zugebracht hatte. Schuhe hätte sie dann allerdings wohl auch nicht gebraucht.

Nun ja. Wenn's hilft. Wir wünschen jedenfalls der Schuhkirche alles Gute bei ihrer Mission, welche auch immer die sein mag. Vielleicht trägt sie ja wirklich dazu bei, dass sich Menschen mehr mit ihrer Religion befassen, ob Frau oder Mann. Vielleicht bringt sie auch Menschen romantisch einander näher. Dann hätte sich die Investition ja gelohnt. Am 8. Februar, zum chinesischen Neujahrsfest, wird sie jedenfalls eröffnet. Im an diesem Tage beginnenden Jahre des Affen werden die Gläubigen dann möglicherweise darüber meditieren, warum alle übrigen Höheren Primaten ohne solche Dinger an den Füßen auskommen, während sich der Homo sapiens in selbst gebauten Megaschuhkirchen zum Affen macht. Oder zur Äffin. Ach, was auch immer.

Wir möchten zum Abschluss einfach mal spiegel.de zitieren: „Manche Kritiker finden diese Art der Erinnerung diskriminierend - ebenso wie die Annahme, Frauen seien von derlei Kitsch-Architektur angetan. Andere meinen dagegen, der gute Wille zähle. Immerhin hätten die Verantwortlichen versucht, ein Angebot für Frauen zu machen.“