Ganz ehrlich: Jedes Volk hat vermutlich so seine „heilige Kuh“. Irgend etwas, das einfach nicht vernünftig diskutiert werden kann, weil gleich die Emotionen hochkochen. Erinnern sie sich an die Diskussionen um Geschwindigkeitsbeschränkungen auf deutschen Autobahnen und die Aufkleber „freie Fahrt für freie Bürger“? Genau.
In den USA geht es nicht um Geschwindigkeitsbeschränkungen, sondern vor allem um das Recht, Waffen in der Öffentlichkeit tragen zu können. Freie Waffen für freie Bürger, könnte man titeln. Die Argumentation, mehr Waffen würden für mehr Sicherheit sorgen, könnte man theoretisch mit einer einfachen Statistik der Todesfälle durch Schusswaffen in verschiedenen Ländern der Welt entkräften. Theoretisch. Doch so einfach ist das halt nicht: Das Recht auf Tragen einer Waffe ist für US-Amerikaner ein Teil ihrer Identität.
In jedem Fall sorgt diese Waffenvernarrtheit doch für sehr seltsame Argumentationsketten. Seltsam jedenfalls für alle außerhalb der USA. Manche behaupten etwa, die Anschläge von Paris hätten in den USA in dieser Form ja gar nicht stattfinden können, schließlich hätten sich die Angegriffenen dank ihrer Bewaffnung sofort gegen die Terroristen wehren und diese im Handumdrehen selbst erschießen können. Da hätte es ja noch nicht mal Polizei gebraucht, ratzfatz wären die alle weg vom Fenster gewesen. Die heute-Show forderte letzten Freitag konsequenterweise, den ebenfalls in dieser Form argumentierenden US-Präsidentschaftswahlvorwahlkandidaten Donald Trump einfach über Syrien abzuwerfen, er würde den IS dann schnellstens im Alleingang besiegen.
Besonders tut sich eine gewisse Politikerin namens Michele Fiore hervor. Bei jeder Gelegenheit posiert sie mit Waffen. Fordert immer noch mehr davon. Ist offenbar tatsächlich der Meinung, mehr Waffen würden für mehr Frieden sorgen.
Übrigens, das nur am Rande, genauer gesagt links oben in der Ecke: Die Menschen auf diesem Bild sind nicht alle mit Namen benannt. Nur diejenigen, die eine Waffe halten dürfen. Und dann auch nur mit Vornamen. Die diversen Pistolen, Gewehre und was es da noch so alles gibt dagegen sind mit ihrer exakten Bezeichnung aufgeführt. Wer spielt in diesem Bild die Hauptrolle? Die Familie? Jesus womöglich?
„Frohe Weihnachten! Von meiner Familie an eure. Frohe Weihnachten und frohe Festtage“ - so die Bildunterschrift. Michele Fiore teilt diese hübsch-friedliche Familienidylle auf Facebook mit den Worten: „Wir Amerikaner müssen Amerika verteidigen. Wir sind einfach nur eine normale amerikanische Familie. Mit Liebe und in Freiheit, Michele.“
Es mag einfach nicht in meinen Kopf hineingehen, wie man ein Plädoyer für immer mehr Waffen mit der christlichen Botschaft von Liebe, Versöhnung und Frieden in Einklang bringen kann. Aber schon überhaupt nicht, wie man ein solches Bild zur Weihnachtszeit verbreiten kann. Nein: Dieses Waffenpseudoweihnachtsfamilienbild hat einfach nichts, gar nichts mit dem Christentum zu tun. GAR NICHTS.
Ist unsere Welt nicht schon genug geplagt von Gewalt, Hass, Krieg und Mord? Müssen wir immer noch mehr Waffen hineinbringen in diese Welt? Müssen wir wirklich immer noch weiter schießen, morden, kämpfen? Wie viele Morde müssen in den USA noch geschehen, sicher auch wieder an Weihnachten?
Ich jedenfalls wünsche Ihnen ein friedliches und fröhliches Weihnachtsfest. Ohne Schießereien. Vielleicht sogar ohne allzu große Konflikte im Familienkreis. Wie die Engel laut Lukasevangelium sangen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden!
Amen.
PS: Das besagte Bild kriegen Sie in diesem Blog nicht zu sehen. Aber hier ist ein Link, wenn Sie unbedingt möchten. https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10207129125643317&set=a.4109113002961.167353.1137164592&type=3&theater