Bloß nicht beten!

Bloß nicht beten!
Foto: Getty Images/iStockphoto/finallast
Die Kinos in England lehnen einen Werbespot ab, der einfach nur ein Vaterunser zeigt. Und nun?

Mal ehrlich: Wann haben Sie das letzte Mal gebetet? Ganz persönlich. Oder einfach ein Vaterunser, meinetwegen sogar ein Ave Maria. Egal. Eine persönliche Beziehung zu Gott aufgebaut. Und nochmal ganz ehrlich: Wäre es nicht etwas Schönes, etwas Wohltuendes, so etwas öfter zu haben?
Nur: Im alltäglichen Chaos kommt manchmal die Ruhe zu kurz. Und das Gebet steht auch zumeist nicht ganz oben auf der Prioritätenliste.

Daran möchte die anglikanische Kirche in England etwas ändern. Sie hat einen sehr schlichten und doch ansprechenden Werbespot produziert, der lediglich verschiedene Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen zeigt, die nichts anderes tun als das Vaterunser zu beten. Am Schluss wirbt der Spot für die extra zum Thema eingerichtete Website „justpray.uk“ und sagt: Prayer is for everyone. Gebet ist für alle.

Eine tolle Idee, diesen Spot in allen großen englischen Kinos vor dem neuen StarWars-Film zu zeigen. Darin waren sich alle einig. Bis die Antwort des großen Werbeunternehmens DCM kam, das für alle großen Kinobetreiber in England verantwortlich ist: Religion? Nein, das geht ja gar nicht im Kino. Das könnte schließlich einige unserer Besucherinnen und Besucher verärgern. Diesen Spot werden wir nicht zeigen.

Das kam nun doch ein wenig überraschend für die anglikanische Kirche, die mit einer Ablehnung nicht gerechnet hatte.

Für mich stellt sich die Frage: Was bewegt die Firma DCM, diesen Spot abzulehnen? Ist es wirklich eine „religiöse Neutralität“, die sie dazu leitet, alle irgendwie religiös gefärbten Spots abzulehnen? Und müsste sie dann nicht genauso Spots von Apple ablehnen, dessen Jünger ja gelegentlich wirklich religiöse Züge zeigen? Müsste man da nicht auch Proteste von Android-Usern erwarten?

Vielleicht könnte man ja den Spot zeigen, aber an der Kasse mit einem Schild darauf hinweisen: „Ein Teil unserer Werbespots könnte das Publikum verunsichern“? Aber den Scherz versteht in England dann keiner, und wirklich lustig ist das auch nicht.

Müssten dann nicht tatsächlich auch sämtliche weihnachtlich gefärbten Spots aus dem Programm genommen werden? Eigentlich kann DCM sie nur mit einem einzigen Argument drin lassen, und damit hätte sie wohl auch Recht: Weihnachten hat mit Glauben doch überhaupt nichts mehr zu tun. So platt dieser Vorwurf klingt, so sehr verfestigt sich der Eindruck: Weihnachten, das ist eben Kommerz. Ein Spot, der die Menschen zum Nachdenken über das Wesentliche im Glauben bringen möchte, der stört da nur. Der passt da nicht rein. Wie sagte Luther einst? „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott.“ Und das ist für DCM – natürlich, nachvollziehbar – der Umsatz. Das Geld. Der Profit.

Müssen wir wirklich aus Rücksicht auf Andersdenkende alle Verkündigung unseres Glaubens einschränken, ja einstellen? Müssen wir wirklich aufhören, zum Glauben, zum Gebet, zum Gottesdienst einzuladen? Nein, das kann nicht die Lösung sein. Denn es ist und bleibt unser Auftrag, für unseren Glauben zu werben.

Die anglikanische Kirche wird vermutlich nun gegen DCM klagen. In dieser Klage wird wohl die Meinungsfreiheit eine große Rolle spielen. Aber vielleicht müsste sie das gar nicht tun. Denn DCM hat der Kirche doch einen großen Dienst erwiesen: Auch ohne Kino – und ganz ohne Bezahlung für den Werbeplatz – diskutieren die Menschen nun über diesen Spot. 325000 Views auf Youtube in drei Tagen ist nicht die Welt, aber auch nicht wirklich ohne.

Wie steht es eigentlich mit Ihnen? Beten Sie doch einfach mal. Beten ist für alle. Just pray. Es tut gut. Amen.