Scheinwerfer-Sonntag

Scheinwerfer-Sonntag
Foto: epd-bild/Jochen Günther
An Quasimodogeniti, Exaudi und den 23. Sonntag nach Trinitatis haben wir uns ja gewöhnt. Aber was ist ein Scheinwerfer-Sonntag?

„Heute Scheinwerfer-Sonntag“. So steht es auf einem allerliebst gestalteten, schon leicht vergilbten (Entschuldigung: antik anmutenden) Zettel, in feinste Klarsichthülle verpackt und mit qualitativ höchswertigem Klebestreifen aus dem Ein-Euro-Shop befestigt an der Kirchentür. Um welche Kirche es sich handelt, ist der Redaktion bekannt, aber wir wollen mal nicht so sein.

Zettel an Kirchentür: "Heute Scheinwerfersonntag"
Scheinwerfer-Sonntag? Was ist das? So fragte ein verwunderter und hier anonym bleiben wollender Besucher auf Facebook in die Runde. Allgemeines Rätselraten. Mein erster Gedanke: Vielleicht wurden über Ostern die Heiligenscheine der Statuen in der Kirche geputzt und es gibt nun einen Wettbewerb, wer sie am treffsichersten wieder an ihren angestammten Platz befördern kann. Wäre sicher eine lustige Aktion, würde ich nun aber eher am Gemeindefest anbieten. Wobei ... ob das der Würde der hier dargestellten Personen gerecht wird, die ja ein vorbildliches Leben geführt haben und möglicherweise sogar als Märtyrer für ihren Glauben gestorben sind? Vielleicht eher nicht.

Apropos Mehrtürer: An Autos dachten natürlich die meisten Kommentatoren. Vielleicht ein Sonntag, an dem man auch tagsüber das Licht anlassen muss. Oder überhaupt nur nachts fahren darf, war da nicht mal was mit autofreiem Sonntag? Gilt der vielleicht auch nur tagsüber, so wie bei den Muslimen das Fasten am Ramadan?

Vielleicht ist es aber auch „ein Sonntag auf der Bühne“, im Scheinwerferglanz. Oder es ist ein bis heute unentdeckt gebliebener Tippfehler und müsste eigentlich Schweinwerfer-Sonntag heißen – meine Finger auf der Tastatur wollen das sowieso viel lieber schreiben. Kennen Sie nicht den berühmten Schweinwerfer-Sonntag in der Mainmetropole Schweinfurt? Ja, genau! Am Sonntag nach Ostern treffen sich alle Schweinfurter im Tierpark „Drei Eichen“, buddeln die Wildschweine aus und werfen sie möglichst weit, am liebsten bis ins Elchgehege. Wer am weistesten wirft, gewinnt ein Jahr freien Eintritt sowie kostenloses Schweinefutter für ein Jahr.

Nein, auch das ist weit daneben. Ich hatte es befürchtet, aber doch gehofft, es könnte anders sein: Ein Scheinwerfer-Sonntag ist ein Sonntag, an dem der Pfarrer die Gemeinde bittet, keine Münzen, sondern nur Scheine in die Kollekte zu werfen. Vermutlich soll das witzig gemeint sein – ich finde es eher peinlich.

Natürlich – Reichtum der Kirche hin oder her, viele kleine Kirchengemeinden stehen kurz vor der Pleite. Renovieren Sie doch mal eine Kirche. Oder ein jahrhundertealtes Pfarrhaus, das unter Denkmalschutz steht. Aufgaben, die man als Gemeinde auch nicht so leicht abstoßen kann, eine Kirche ist meist unverkäuflich. Kein Wunder, dass manche Gemeinden auf solche Ideen kommen wie den Scheinwerfer-Sonntag.

Ich persönlich denke: Wenn ein Anliegen die Menschen wirklich berührt, dann geben sie auch gerne Geld dafür. Für eine Kirchenrenovierung oder für eine Glockenrestaurierung kommen oft erstaunlich schnell große Summen zusammen. Auch für soziale Projekte wird gern gespendet, was für mich ein wichtiges Zeichen ist, wo wir unsere Kräfte noch mehr bündeln sollen und können.

Leider gibt es auch manchmal Anliegen, die die Gemeinde viel Geld kosten, die aber lange nicht so überzeugend daherkommen. Für die Pfarrhausrenovierung, um das Beispiel aufzugreifen, wird meist deutlich weniger gespendet. Dabei kostet sie manchmal mehr als ein Neubau und ist trotzdem unumgänglich, Denkmalschutz eben.

Ich glaube: die bessere Methode, die Gemeinde zu Spenden zu bewegen, ist Offenheit. Erzählen, wofür wir Geld benötigen. Klar benennen, wofür es ausgegeben wird. Dann kann man sich immer noch darüber streiten, ob die Schwerpunkte richtig gesetzt sind. Aber wenn die Menschen von den Anliegen überzeugt sind, für die gesammelt wird – dann wird ein Sonntag automatisch und aus freien Stücken zum Scheinwerfer-Sonntag.