Heute ist er wieder, der verrückteste Nichtfeiertag der Welt. Buß-und Bettag. Vor einigen Jahren aus irgendwie seltsamen ökonomischen Gründen abgeschafft. Eher wohl, weil sowieso keiner mehr etwas damit anzufangen wusste, außer dass halt an diesem Tag frei war, was auch schon für sich genommen eine ziemlich gute Idee war.
Nun gut, Pflegeversicherung war wohl auch eine gute Idee, denke ich. Bei uns in Bayern jedenfalls hat der Buß- und Bettag durch seine Abschaffung eigentlich erst wieder angefangen zu leben. Denn die außerordentlich seltsame Regelung „bayerische Schulen haben geschlossen, aber Erwachsene, auch die Lehrer, müssen arbeiten“ führte zu einer ganz neuen Beschäftigung mit diesem Tag. Plötzlich standen alle Eltern vor dem Problem: Was machen wir mit unseren Kindern?
Kirchengemeinden boten Kinderbibeltage an. Unsere seltsamerweise damals am Nachmittag, was ich jetzt für die Eltern nicht so übermäßig hilfreich fand, für mich aber jedenfalls deutlich bequemer, weshalb ich auch nicht vehement genug protestierte.
Eltern nehmen ihre Kinder mit zur Arbeit, wo sie dann wahlweise die Computer vollkrümeln, an Autos rumschrauben oder – heute so gehört – im Radio das Wetter ansagen dürfen, es aber, auf Befehl von Mama, mit ihrem eigenen unaufgeräumten Zimmer vergleichen müssen.
Buß- und Bettag. Ja, sicher, ein wichtiger Tag. Aber vielleicht nicht ganz zu Unrecht einer der am wenigsten geachteten Feiertage. Sind wir nicht alle befreit von unserer Sünde? Brauchen wir denn noch Buße? Ja, um uns darauf zu besinnen, was in unserem Leben falsch läuft. Nein aus Gottes Sicht, der sagt: Eure Sünden sind euch vergeben.
Aber einfach mal ein freier Tag, das ist, wie gesagt, schon für sich genommen eine gute Idee. Und ich habe im Lauf der Zeit auch schon so etliche Neuinterpretationen des Namens gehört:
Putz- und Fegtag
Na ja. Wenn Sie unbedingt meinen. Hat ja auch was von Buße, wenn man diesen Tag zum Putzen hernimmt. Also warum nicht. Irgendwann muss es ja mal sein. Also gehet hin und putzet alle Zimmer und feget sie ... lassen wir das.
Schmus- und Betttag
Den muss man jetzt dann wohl aus rechtschreibreformationstechnischen Gründen mit mindestens drei t schreiben, den Betttag. Mir schon sehr sympathisch. Schließlich ist der Mensch nicht nur zur Arbeit geschaffen, sondern auch zur Ruhe. Zum Füreinanderdasein. Und, ja, auch fürs Schmusen. Leider dürfen das ja nun nur noch die bayerischen Schulkinder, das mit dem Betttag. Kein Wunder, dass seit Abschaffung des Feiertags die Geburtenzahlen in Deutschland stark rückläufig sind.
Pusten und Peter
Als Zivi vor gefühlt vierhundertdreißigtausend Jahren, also zu einer Zeit, als es noch richtige Feiertage gab und man am Buß- und Bettag als Protestant mit Anzug und Krawatte im Gottesdienst erschien und sich seine Beichte und sein Abendmahl abholte, also, ja, damals war ich Zivildienstleistender. In einer Gruppe geistig behinderter Jugendlicher. Eine wunderbare Erfahrung, wirklich. Einer der Jugendlichen konnte mit dem Namen „Buß- und Bettag“ wirklich nichts anfangen. Er fand einen anderen Namen viel schöner. Und mir gefiel er so gut, dass ich bis heute jedes Jahr am Buß- und Bettag an diesen Jungen und die Zeit in der Behindertengruppe zurückdenke. Ja,es steht ja schon in der Überschrift. Für ihn war es Pusten und Peter. Sinnfrei und doch schön. Klangvoll. Bedeutend.
Einen schönen Nichtfeiertag wünsche ich allerseits. Und pusten Sie nicht zu viel.