Fußball-Kirche

Fußball-Kirche

Gut, auch in diesem Blog kommen wir um das Thema Fußball gar nicht herum. In diesen Tagen der Fußball-Weltmeisterschaft gibt es ja auch kaum etwas anderes. Ich muss gestehen, dass ich von Fußball nicht so wahnsinnig viel Ahnung habe. Ich weiß gerade mal, in welcher Liga der 1. FCN zur Zeit spielt (und das Relegationsspiel habe ich mir sogar live angeschaut!) und kann grundsätzlich irgendwie auch die Abseitsregel verstehen. Die WM finde ich spannend, die Spiele mit deutscher Beteiligung schaue ich natürlich sowieso.

Von einem Kollegen und Freund, eingefleischter Clubfan, habe ich gelernt, dass der Ablauf so eines Fußballspiels doch eine Menge Ähnlichkeiten mit einem Gottesdienst hat. Also, rein äußerlich natürlich. Das geht schon mit den schwarz gekleideten Männern (und Frauen) los, die beide Veranstaltungen leiten. Auch wenn Schiris keine Predigt halten...

Aber erst mal von vorn: Die Gemeinsamkeiten beginnen ja schon vor dem Aufbruch. Hier wie dort wird sich vorbereitet auf dieses besondere Ereignis. Die Kleidung unterscheidet sich von der normalen Alltagskleidung. Na ja, beim Kirchgang sind eher dezentere Töne gefragt als beim Gang zum Stadion; Sonntagskleidung hieß das früher. Dazu kommen dann noch Fanschal und Gesangbuch. Voll ausstaffiert geht's dann zum Ort des Geschehens. Beim Auswärtsspiel ist das eine regelrechte Pilgerfahrt, die natürlich gemeinsam absolviert wird. 

Ist man dann endlich da, herrscht auch schon richtig Stimmung: Die Orgel spielt leise vor sich hin. Die ersten Fangesänge ertönen. Viele, die jede Woche kommen, haben natürlich ihre Stammplätze. Da gibt es schon mal kleinere Auseinandersetzungen, wenn da ein Ahnungsloser sitzt/steht, der da nicht hingehört. Die Stammplätze müssen ja verteidigt werden. 

Dann endlich: Die Glocken läuten zum Fußballspiel, nein, der Pfarrer pfeift den Gottesdienst an. Der Stadionsprecher verliest die Abkündigungen. Alle erheben sich zum Einzug der Spieler beziehungsweise des Pfarrers (na ja, das gibt's hauptsächlich bei den Katholiken, aber trotzdem). Der Schiedsrichter, nein, der Pfarrer ruft: „Der Herr sei mit euch!“ - und alle antworten: „Und mit deinem Geist!“ - fast wie im Stadion, wo alle gemeinsam die Nachnamen der einlaufenden Spieler rufen. Anzeigetafeln gibt es in der Kirche wie im Stadion, ob sie nun die nächsten Lieder oder den aktuellen Spielstand ausweisen.

Aufstehen zum Gebet oder zur La Ola-Welle. „Steht auf, wenn ihr Schalker seid!“. Gesänge mit Orgel oder angefeuert von einzelnen im Stadion. Bis zu 50 Lieder muss ein echter Fan auswendig können, habe ich irgendwo gelesen. (Und unsere Konfirmanden jammern schon, wenn sie eines lernen müssen...) Jeder Sonntag hat sein eigenes Wochenlied, jeder Fußballgegner ein speziell auf ihn zugeschnittenes Lied, mit dem er begrüßt wird. 

Halbzeitpause. Bratwurst und Getränke oder Brot und Wein – in jedem Fall Stärkung, Verpflegung. Gemeinsames Essen schafft Gemeinschaft. Schlange stehen an der Ausgabe. Und schon geht's weiter, der Gottesdienst ist dann schon fast zu Ende, beim Fußballspiel geht es noch etwas länger weiter, bis der Schiedsrichter irgendwann mit dem Segen das Fußballspiel beendet oder der Pfarrer den Gottesdienst abpfeift.

Klar, dass man noch ein bisschen zusammenbleibt. Sich über die Predigt und das Tor unterhält. Aber auch nicht zu lange, denn: Nächste Woche sehen wir uns ja schon wieder.

Abpfiff. Amen. 

 

 

Danke für einige Anregungen, die ich in diesem Artikel gefunden habe: http://www.elk-wue.de/arbeitsfelder/gesellschaft/kirche-und-sport/rituale-in-stadion-und-kirche/