Fällt und fällt

Fällt und fällt
Von Zeit zu Zeit die Welt beobachten. Den Regen.

Nach ein paar sehr heißen Tagen regnet es in meiner Stadt. Erst wenige Tropfen. Dann viele viele viele. Aus dem grauen Himmel fallende Striche, als hätte jemand sie mit Bleistift gezeichnet.


Die Tauben auf dem Giebel des Hauses gegenüber bleiben sitzen. Die Bäume strecken ihre Zweige aus. Die Menschen unterbrechen, was sie tun, schließen ihre Augen und hören dem Regen zu, wie er auf den Asphalt, auf das Metalldach des Kiosks und auf ihre Arme fällt.
Und für die Dauer dieses Regens vergesse ich, dass die Welt aus den Fugen ist und dass es mich aufregt, worüber Leute sich aufregen - und worüber nicht. Ich vergesse, dass ich heute wieder mal nicht viel mehr zustande gebracht habe als diesen kleinen Text hier. Und meine Angst vor der Zukunft mit all ihren Gefahren vergesse ich auch - in dieser Musik aus fallenden Strichen, aus Kühle und aus dem einen Geruch, den es nur im Sommer gibt.

Womöglich ist das, was ich G*tt nenne, heute der Regen.
Ich habe ihn vermisst - wie die Taube auf dem Dach, wie der sich streckende Baum, wie das gelbe, das graue Gras.
G*tt fällt und fällt auf meine Arme, in meine Haare, in meine Seele. Fragt nicht. Fällt nur.
G*tt wäscht den Staub von den Balkonbrüstungen, bildet kleine Pfützen, versickert im Boden. Versickert in mir. Und die vertrockneten Blätter meiner Seele saugen sich voll mit ihm. Danach ist alles besser als zuvor.

 

Wochenaufgabe:

Stell dich in den Regen, wenn möglich.

Schenk deiner Seele ein Glas Wasser ein.