Wielie Elhorst war dabei. Und er ist stolz darauf. Er war einer von ungefähr 60 Lesben, Schwulen, Bi- Trans- und Intersexuellen (LSBTI) auf dem „Heiligen Boot“ der Weltreligionen, die am Wochenende vom 7.-8. August 2016 an der Kanalparade des Euro Pride durch die Grachten von Amsterdam teilgenommen haben. Mit auf dem Boot waren: etwa 20 Geistliche und 40 Laiinnen und Laien. Alle lesbisch, schwul, bi-, trans- oder intersexuell und gläubig oder bewusst atheistisch. Dabei waren unter anderem Boris Dittrich, Humanist und Direktor vom LGBT Menschenrechtsprogramm von Human Rights Watch, Reverend Mpho Tutu-van Furth, Anglikanische Priesterin aus Südafrika und Tochter des ehemaligen Erzbischofs Desmond Tutu und eben auch Wielie Elhorst. Er ist ein protestantischer Pfarrer einer Amsterdamer Gemeinde und seit Juni hat er zusätzlich einen besonderen Dienstauftrag für die Arbeit mit LSBT Gläubigen. Außerdem ist er seit letztem Jahr Co-Präsident des Europäischen Forums christlicher LSBT Gruppen.
Das "Heilige Boot" der Weltreligionen war während der Euro Pride Parade eine mediale Attraktion. Viele waren erstaunt so viele offen auftretende Geistliche und Ehrenamtliche aller Religionen zu sehen, die gleichzeitig lesbisch, schwul, bi-, trans- oder intersexuell sind.
Die Hauptorganisatorin des "Heiligen Boots" war Barbara Rogoski. Sie gründete vor einigen Jahren eine LSBT Gemeinde für ehemalige Soldatinnen und Soldaten in Den Hag. Die Kirche heißt Internationale Rosa Kirche (Internationale Roze Kerk). Vor zwei Jahren hatte Rogoski die Idee, ein „Heiliges Boot“ der Weltreligionen auf der Kanalparade zum Christopher Street Day in Amsterdam mit dabei zu haben. Da Wielie Elhorst von 2008-2011 das so genannte „Heilige Boot“ von christlichen LSBTI Gläubigen auf der Kanalparade in Amsterdam mit organisiert hatte, fragte sie Wielie Elhorst um Rat. Der unterstützte ihr Anliegen sofort und ermutigte sie zu diesem Schritt.
Nun war es soweit. Das „Heilige Boot“ der Weltreligionen fuhr mit. Für Wielie Elhorst war es eine wunderbare Erfahrung. Er beschreibt es so:
„Über 540.000 Leute standen am Ufer und sahen der queeren Kanalparade auf den Booten zu. Viele waren zunächst erstaunt, als sie das Boot der Weltreligionen sahen. Denn nicht wenige haben schlechte Erfahrungen mit queeren Themen in den Religionen gemacht. Sie haben bisher die Themen Weltreligionen einerseits und sexuelle Vielfalt und Genderidentität andererseits als unmögliche Kombination angesehen. Aber innerhalb weniger Sekunden waren die Zweifel überwunden, und die Leute begannen zu lachen, zu winken und uns zu feiern. Nur wenige Leute standen dem Boot ablehndend gegenüber. Das Boot hat den ersten Platz der Prideparade gewonnen, da es das Motto vom Euro Pride am besten umgesetzt hat. Das Motto war: „Sei dabei bei unserer Freiheit!“ Das Motto vom Boot der Weltreligionen war: „Koexistiert in Freiheit!“
Das Hauptziel des Bootes war es zu zeigen, dass Menschen mit ganz unterschiedlichen religiösen Hintergründen und Überzeugungen friedlich nebeneinander und mancherorts auch miteinander leben können. Außerdem war es wichtig deutlich zu machen, dass in allen Religionen auch LSBT haupt- und ehrenamtlich arbeiten und ihren Glauben einerseits und ihre sexuelle Orientierung und Genderidentität andererseits miteinander verbinden können. Insofern hat das Heilige Boot der Weltreligionen so etwas wie eine Vision aufgezeigt: Respektiert euch und lebt friedlich miteinander. So sollte es auch im Alltag sein. Und daran arbeiten wir als religiöse Gemeischaften zusammen mit unseren säkularen Partnern und den Menschenrechtsorganisationen.“
Auf dem „Heiligen Boot“ wurden die verschiedenen Religionen und humanistischen Gruppen durch zahlreiche lesbische, schwule, bi-, trans- und intersexuelle Gläubige und humanistische Aktivistinnen und Aktivisten vertreten. Sie verbinden ihren Glauben, ihre Überzeugungen und ihre Lebensform und Genderidentität, ohne dass es für sie ein Widerspruch ist. Denn alle Menschen sind einzigartig und verschieden voneinander. Aber vor Gott und den Menschen sind sie gleich viel wert, unabhängig von ihrer Herkunft, Hautfarbe, Geschlechtsidentität, Religion und sexuellen Orientierung. Ein starkes Symbol. Ich hoffe, es strahlt noch lange aus und ermutigt Menschen weltweit zu sich selbst zu stehen und ihren Glauben zu leben.