Den Menschen hinter einer Eigenschaft wahrnehmen

Den Menschen hinter einer Eigenschaft wahrnehmen
Für ihre Frühjahrstagung erwartet die HuK spannende Debatten - und einen blauen Himmel. Foto: Rainer Hörmann
Auf ihrer Frühjahrstagung will die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) Formen von Diskriminierung im Alltag hinterfragen - besonders die innerhalb der eigenen queeren Community.

„Jeder ist in irgendeinem Zusammenhang anders als die anderen, niemand passt überall gleichermaßen hinein. Immer gibt es Gründe, von einer Gruppe ausgegrenzt zu werden“, heißt es im Ankündigungstext zur Frühjahrstagung der HuK Anfang April, um selbstkritisch fortzufahren: „Wir Mitglieder der LSBTQ-Community sind nicht frei davon.“

Man könnte bereits an der Buchstabenkombination beginnen. Was da so elegant und phänomenologisch zu einer Gemeinschaft gefügt ist, muss es im realen Leben noch lange nicht sein. Transgender fühlen sich nicht selten von der Community ausgegrenzt, Lesben ignoriert oder werden bestenfalls mitgemeint, etwa wenn von der Schwulen-Ehe die Rede ist. Aber auch Alter, Aussehen und/oder Behinderung sind Eigenschaften, die zu oft zu Diskriminierung durch andere Homosexuelle führen.

Für Franz Kaern-Biederstedt vom Vorstand der HuK steht deshalb der Umgang mit ausgrenzenden Gedanken im Vordergrund der Tagung. „Als christliche Gruppe wollen wir uns fragen, was unsere Anteile an Mechanismen der Ausgrenzung sind. Keiner ist frei von Vorurteilen. Es geht darum, sie sich bewusst zu machen, um damit umgehen zu können.“ Man müsse den Menschen hinter einer Eigenschaft wahrnehmen.

Im Gespräch erläutert er, dass das Thema der Tagung aber auch durchaus als Reaktion auf eine (globale) Tendenz, wieder verstärkt Angst vor bestimmten Gruppen der Gesellschaft zu schüren, verstanden werden kann. „Ängste vor oder auch Wut über Veränderung werden pauschal Gruppen, meist Minderheiten, übergestülpt.“ Oft verharmlost mit dem Satz, man dürfe doch wohl noch sagen, was man denkt. „Dann wird, auch von christlichen Fundamentalisten, das Verbot von Diskriminierung in eine Diskriminierung der eigenen Gruppe umgedeutet.“

Schon bei der Podiumsdiskussion zum Auftakt wird wahrscheinlich die Breite des Themas deutlich werden. Dabei sind u.a. Hans Hengelein, Ansprechpartner für Lesben und Schwule in Niedersachsen, Klaus Holz, Soziologe und Generalsekretär der Evangelischen Akademien in Deutschland e.V., sowie Ralph Hoffmann, Vorstandsmitglied vom lesbisch-schwulen Zentrum Fliederlich e.V., das in Nürnberg die erste Unterkunft für homosexuelle Flüchtlinge organisierte.

Am Folgetag sollen konkrete Felder angegangen und vertieft werden, so etwa in einem von René_Hornstein vom Bundesverband Trans* geleiteten Workshop "Privileg verpflichtet - Wie mit Diskriminierten verbündet handeln". In einem weiteren Workshop wird der Umgang mit Fremdartigkeit in der Bibel Gegenstand sein.

Am Sonntagmorgen schließt traditionell ein von HuK-Mitgliedern gestalteter gemeinsamer Gottesdienst die Tagung ab. Danach gefragt, welche Rolle für ihn der Glaube beim Tagungsthema Diskriminierung im Alltag hat, antwortet Franz Kaern-Biederstedt, dass Glaube Zuversicht gebe. Es gelte der Furcht entgegenzutreten, dass Andere allein schon durch ihr Anderssein einem etwas wegnehmen. „Als Christen sollten wir keine Mauern aufbauen, sondern Anderssein als Bereicherung empfinden.“

Info: „Weil du anders ist ...“ Formen von Diskriminierung im Alltag. Die Frühjahrstagung der HuK findet vom 8. bis 10. April 2016 in der Akademie Waldschlösschen, Reinhausen bei Göttingen statt. Auch wer kein HuK-Mitglied ist, kann teilnehmen. Weitere Details zu Programm, Kosten und Anmeldung sind ab sofort auf der Internetseite der HuK (Link aktualisiert am 3.3.) abrufbar.