IDAHOT

IDAHOT
Pater Michael Lapsley beim Abschlussgottesdienst der Generalversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) in Busan/Südkorea im Jahr 2013.
Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Pater Michael Lapsley beim Abschlussgottesdienst der Generalversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) in Busan/Südkorea im Jahr 2013.
Seit 2005 wird am 17. Mai der Internationale Tag gegen Homophobie und Transphobie (kurz IDAHOT) gefeiert. Weltweit setzen sich Menschen ganz unterschiedlicher sexueller Orientierung und Genderidentität für die Gleichberechtigung von Lesben, Schwulen, Bi-,Trans-, Intersexuellen und Queers ein. Einer von ihnen ist der anglikanische Priester Father Michael Lapsley.

IDAHOT geht zurück auf den 17. Mai 1990. An jenem Tag hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität aus ihrem Register von psychischen Krankheiten gestrichen. Seitdem werden jedes Jahr am 17. Mai Mahnwachen und Demonstrationen abgehalten, um gegen die Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans-, Intersexuellen und Queers (LSBTIQ) zu protestieren und um sich für deren Gleichberechtigung einzusetzen. Der Tag wird in über 20 Ländern weltweit anerkannt, in anderen wird der Tag inoffiziell mit Mahnwachen und Kranzniederlegungen begangen, um an Opfer von homophober und transphober Gewalt zu erinnern. Das ist immer noch nötig. Denn Homosexualität wird immer noch in ca. 70 Ländern kriminalisiert und juristisch verfolgt. In sieben Ländern steht auf Homosexualität die Todesstrafe (Iran, Jemen, Mauretanien, Saudi-Arabien, Sudan und in den Scharia dominierten Teilen von Nigeria und Somalia). 

In Deutschland sind für den  17. Mai 2015 in vielen Städten Veranstaltungen, Konzerte, Filmvorführungen und Regenbogenflashmobs angekündigt. Regenbogenfarbene Luftballons werden mit Botschaften gen Himmel geschickt und Infostände informieren über die Situation von LSBTIQ weltweit. In manchen Städten gibt es sogar IDAHOT Aktionswochen wie beispielsweise in Mainz. In Hamburg wird es eine Gedenkveranstaltung zu schwulen, bisexuellen und lesbischen Opfern im Nationalsozialismus geben.

Das Motto der IDAHOT Veranstaltungen ist in diesem Jahr: "Wir. Alle. Gemeinsam." Menschen ganz unterschiedlicher sexueller Orientierung und Genderidentität werden dazu aufgerufen, die Anliegen des IDAHOT  Tags zu unterstützen und sich solidarisch einzumischen.

Dieses Motto nehme ich zum Anlass einen solidarischen Freund der IDAHOT Bewegung vorzustellen. Es ist Father Michael Lapsley. So wird er von den meisten Menschen, die ihn kennen, genannt. Er ist anglikanischer Priester und kommt aus Neuseeland. Er ging zum Studium nach Australien und wurde dort ordiniert. Danach setzte er seine Studien in Durban in Südafrika fort und wurde dort 1973 zum Kaplan für Studierende aller Hautfarben an der Universität von Durban ernannt. Im September 1976 wurde er wegen seiner Anti-Apartheitsarbeit des Landes verwiesen. Er ging nach Lesotho und arbeitete dort als Priester in einer Exilsgemeinde des ANC. 1982 zog er nach Zimbabwe. Dort wurde ihm 1990 drei Monate nach der Freilassung von Nelson Mandela eine Briefbombe von südafrikanischen Freicorps zugestellt. Die Bombe explodierte, als er den Brief öffnete. Er verlor beide Hände und ein Auge.

Nach seiner Genesung zog er 1992 zurück nach Südafrika, wo er bis heute lebt und arbeitet. Er wurde Kaplan des Traumazentrums für Opfer von Gewalt und Folter in Kapstadt. Ebenfalls in Kapstadt gründete er 1998 das "Institute for the Healing of Memories" (IHOM). Er ist auch der Direktor des Instituts. Trotz des Bombenanschlags gegen ihn ließ er sich nicht von seiner Arbeit abbringen. Er setzte sich weiterhin für die Gleichberechtigung von Schwarzen in Südafrika ein und wurde seitdem nicht müde, sich gegen Rassismus, Gewalt gegen Frauen und gegen jede Form von Diskriminierung einzusetzen, ganz egal ob auf Grundlage von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, Behinderung oder sexueller Orientierung.

Ich habe Father Lapsley im November 2013 beim Abschlussgottesdienst der Generalversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) in Busan/Südkorea kennengelernt. Er hielt damals die Predigt. Er erzählte vom Bombenanschlag gegen ihn. Und er machte deutlich, dass er nach dem Anschlag nicht etwa verbittert und voller Hass zurückgeblieben ist, sondern dass er sich seitdem nur noch stärker für Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit für alle einsetzt. Sonst hätten seine Peiniger gewonnen, wie er sagte. Und das wollte er auf keinen Fall.

In der Predigt sprach Father Lapsley auch das Unrecht an, das christliche Kirchen weltweit gegen Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle ausgeübt haben. Er entschuldigte sich als geistliche Amtsperson für das Unrecht und das Leid, das LSBTIQ weltweit aufgrund von religiös legitimierten Ausgrenzungen und Verurteilungen erleiden müssen und rief alle Gläubigen dazu auf, sich gegen Homophobie und Transphobie einzusetzen. Es war etwas ganz Besonderes, dass Father Lapsley LSBTIQ bei einem offiziellen Gottesdienst des ÖRK explizit angesprochen und sie um Vergebung gebeten hat. Denn im offiziellen Sprachgebrauch des ÖRK kommen sie nicht vor. Sie werden verschwiegen, da zahlreiche Mitgliedskirchen die Auseinandersetzung scheuen und das umstrittene Thema offiziell nicht auf die Tagesordnung setzen wollen. Father Lapsley hat sich den Mund aber nicht verbieten lassen. Er hat die Predigt beim Abschlussgottesdienst in Busan bewusst dazu genutzt, sich solidarisch mit Opfern von gruppenbezogenem Menschenhass zu erklären, auch mit Lesben und Schwulen.

Ich danke Father Lapsley stellvertretend für viele Freundinnen und Freunde für seine Solidarität! Er hat am eigenen Körper erlebt, was es heißt, wenn Hass und Gewalt die Oberhand gewinnen. Er ist wegen seiner Antirassismusarbeit Opfer eines Bombenanschlags geworden und verstümmelt worden. Trotzdem tritt er bis heute couragiert und klar für seine Überzeugungen ein.  

Im Abschlussgottesdienst des ÖRK in Busan ging ein Raunen durch die Menge von über 2000 Christinnen und Christen, als Father Lapsley über seine Unterstützung von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen sprach. Aber das eigentliche Wunder geschah danach: Niemand ist aufgestanden und gegangen oder hat gegen die Predigt protestiert.Der Heilige Geist war spürbar im Raum. Für mich ist Father Lapsley ein außergewöhnlich mutiges und ermutigendes Vorbild im Glauben und zugleich ein Vorbild für die Aktionen von IDAHOT. Hoffentlich kann er mit seine Arbeit und seinen Überzeugungen noch sehr lange Menschen begeistern!