Also bügle ich meine Hemden und reise in eher unbequemer Kleidung an. Die Einladung bringt aber noch weitere Probleme mit sich. Meine Zeitplanung für den Kirchentag fing mit dem Eröffnungsgottesdienst an, nicht mit einem Termin um halb vier bereits. Alles muss neu getaktet werden. Meine Kollegen müssen meinen Koffer ins Hotel schleppen, damit ich zum Empfang gehen kann. Auch mit meiner Akkreditierung wird es schwierig. Wie komm ich an meine Fahrkarte ran, wenn ich mit dem Bürgermeister im Rathaus anstoße? Einen früheren Zug kann ich nicht nehmen, weil wir ein Sparticket gekauft haben.
Doch ich bin eingeladen, und irgendwie finde ich das immer noch schön. Ich habe in der Bestätigung meiner Anmeldung zum Empfang gelesen, dass ich keine großen Taschen oder einen Rucksack dabeihaben darf. Aus Sicherheitsgründen. Nun gut, dann alles Wichtige eben in die Hosentaschen stopfen und dabei aufpassen, dass sie nicht zu ausgebeult aussehen. Außerdem steht da, dass ich mit den anderen Gästen des Empfangs anschließend beim Eröffnungsgottesdienst in den reservierten ersten Reihen Platz nahmen darf. Das ist nett, finde ich. Dann kommen mir Bilder aus meiner Jugend in den Kopf, wo ich immer auf den oberen Rängen im Theater saß und mir sicher war, dass wir dort viel mehr Spaß hatten, als die im Parkett. Ob weiter hinten heute auch lauter gesungen wird? Oder vielleicht sogar getanzt?
Ich schaue auf meine Bahn-App und stelle fest, dass mein Zug nach Dortmund wohl 40 Minuten Verspätung haben wird. Auch das noch! Wie soll ich das jetzt noch schaffen? Soll ich auf die Einladung verzichten? Sicherlich werden mich weder der Bürgermeister noch der Ministerpräsident vermissen. Draußen bahnen sich 30 Grad Celsius an. Ich bin gerade ausgesprochen unentschieden. Ich will schließlich nicht undankbar wirken oder wie einer der Eingeladenen zum Gastmahl, die sich lieber um ihre neu erworbenen Ochsen kümmern als um das Fest. Ich knöpfe den obersten Hemdknopf auf, dann noch einen und stelle mir vor, wie ich einfach mit meinen Kolleginnen und Kollegen zum Einchecken ins Hotel fahre, mich in Ruhe akkreditiere und dann zum Eröffnungsgottesdienst gehe. Da werde ich wohl stehen müssen. Aber dann muss ich zum Tanzen wenigstens nicht aufstehen.