Digitale Kirche muss *eine* Kirche sein

Digitale Kirche muss *eine* Kirche sein
...jedenfalls wenn es um Kommunikation geht. Und vor allem beim Erstkontakt.

Neulich in England war eine Hochzeit, das haben Sie sicher mitbekommen...

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Wenn Sie in Großbritannien auch mal so schön anglikanisch heiraten wollen, dann klicken Sie hier. Den Link twitterte die Church of England am Tag der königlichen Hochzeit zwischen Meghan und Harry, als zentrale Anlaufstelle für alle, die in der Kirche von England irgendwann, irgendwo demnächst heiraten wollen. Eine Anlaufstelle für alle, die in der anglikanischen Kirche in England heiraten wollen. Schön, oder? Und wenn man eine Kirche zum Heiraten sucht, kann man sich auf "A Church Near You" gleich eine raussuchen, auch darauf wird auf der Hochzeits-Seite verwiesen.

Schade nur, dass man in Wales und Schottland keine einzige Kirche findet. Das liegt natürlich daran, dass die Church of England keine "Church of Great Britain" ist, sondern eben nur für England zuständig. Von hier aus gesehen erscheint es aber als Leerstelle, dass die anglikanischen Partnerkirchen nicht auf der Plattform vertreten sind. Schließlich haben auch Hunderttausende Anglikaner in Wales und Schottland die königliche Hochzeit verfolgt und vielleicht Lust auf einen eigenen Hochzeitsgottesdienst bekommen.

Bei uns in der evangelischen Kirche ist es ziemlich ähnlich. Von außen gesehen ist die evangelische Kirche eine große Organisation, die aus vielen Gemeinden besteht. Die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung V von 2014 hat uns das auch gezeigt: die evangelische Kirche wird vor allem auf den Ebenen "Gemeinde" und "die Kirche" wahrgenommen.

Von innen (aus den Institutionen) haben wir aber nicht den gleichen Blick wie von außen. Wir haben in der evangelischen Kirche eine historisch gewachsene protestantische Vielfalt, die auch immer noch für politische und theologische Vielfalt sorgt. Die einzelnen Landeskirchen haben eigene Traditionen, Konzepte, Ansprüche, die sie – je nach Größe – allein umsetzen können. Die EKD nimmt qua Funktion eine zentrale, koordinierende Funktion in vielen Bereichen ein, die aus den Landeskirchen auch regelmäßig nachgefragt wird. Wenn wir über Digitalisierung und #DigitaleKirche reden, brauchen wir aber mehr als das.

Machen wir ein Gedankenexperiment: Was könnten wir erreichen, wenn wir die Projektplaner aus der Agentur der EKHN, die Programmierer der Vernetzten Kirche aus Bayern, die API-Experten aus der Nordkirche, das Designbüro der EKM, die IT-Spezialisten aus der hannoverschen Landeskirche, die Journalisten aus dem GEP und die Wissensmanager vom Infoservice der EKD an einem Ort versammeln? Gemeinsam könnte eine solche Gruppe jede Kommunikationsaufgabe für jede evangelische Gemeinde in Deutschland lösen. Webseitenbaukasten, Gemeindeplaner, Gemeindebriefvorlagen, Hochzeitstermine, Seelsorge-Vermittlung, Glaubensfragen, Datenschutzerklärungen, sichere E-Mail-Postfächer, eine einzelne Kirchenvermittlung zum Heiraten...

Vieles davon gibt es schon, aber immer mehr als dreimal.

Für eine #DigitaleKirche braucht es mehr gemeinsame Projekte, mehr gemeinsames Verständnis. Mindestens für die Service-Themen rund um Kasualien würde allen Kirchen in der EKD eine gemeinsame Anlaufstelle gut tun. Beispiele gibt es schon: Die zentrale Telefonnummer für den Wiedereintritt aus Württemberg (0800 8138138) ist ein solches Beispiel, die Gemeindesuche funktioniert bundesweit, und der Info-Service der EKD dient als Clearingstelle für alle – wirklich alle – Fragen, die zur evangelischen Kirche dort auflaufen.

Damit das funktioniert, müssen aber alle Beteiligten akzeptieren, dass erstmal jemand anders als sie selbst den Erstkontakt pflegt und dann an die richtige Stelle weiterleitet, falls nötig. Das Bild der evangelischen Kirche als "eine Kirche" nach außen trägt nicht, wenn die Landeskirchen nicht darauf verzichten können, eine eigene öffentliche Identität nach außen zu tragen, und jede Aufgabe einer Organisation selbst erledigen zu können. Es müssen nicht alle alles machen. Eine #DigitaleKirche ist nicht auf regionale Grenzen angewiesen. (Auch wenn sie sich diese irgendwann zu Nutzen machen kann, zum Beispiel mit digitalen Kirchen, die sich an regionale Realkirchtürme anschließen, um regionale emotionale Bindungen aufgreifen zu können.)

Ich weiß, dass das erstmal utopisch ist. Und dass die Vision von "evangelischer Kirche" als einer übergreifenden Marke nicht neu ist. Es kann vielleicht noch Jahre dauern, und es braucht drei Dinge: Orientierung am Nutzer statt am Absender, Geld und Wille. Aber mindestens beim digitalen Erstkontakt nutzt es allen, wenn die evangelische Kirche als solche erkennbar ist. Das würde die digitale Sichtbarkeit von Kirche insgesamt erhöhen. Der Prozess "Kirche im digitalen Wandel", zu dem die EKD-Synode im Herbst einen ersten Beschluss fassen will, kann in diese Richtung ein Signal sein. Aber mitmachen müssen trotzdem alle, damit es dann auch funktioniert.

Vielen Dank für’s Lesen & Mitdenken!


Im Blog Confessio Digitalis schreibe ich meine Beobachtungen, Links und Interviews zu den Themen Digitalisierung, Digitale Kirche und digitalisierte Welt auf. Ich bin erreichbar auf Twitter als @dailybug.