Hessen braucht Losglück

Hessen braucht Losglück
Ein Datenskandal bzw. "Super-GAU für Internetnutzer", der durchdringen könnte, und ein bekannter "Internet-Profi", der sich vor der Fernsehkamera (sowie auf Youtube) zusehends ratlos zeigt. Außerdem: die Neueinsteiger in die Liste der Pressefreiheits-Feinde, weiße Flächen in der Cumhuriyet, der Trick der Bundeskanzlerin; zwei aktuelle Erdogan-alien in Deutschland. Geht der Böhmermann-Fall bis vors Bundesverfassungsgericht?

Datenskandale gibt es täglich oder eher noch öfter. Dass sie am Verhalten derer, um deren Daten es geht, viel geändert hätten, lässt sich nicht mal von Edward Snowdens Enthüllungen behaupten. Jetzt wurde ein Datenskandal publik, der ein paar Dinge ändern könnte, falls er in der deutschen Öffentlichkeit ausreichend durchdringt. Der NDR gibt sich jedenfalls Mühe.

Nach der Erstausstrahlung innerhalb der Sendung "Panorama 3" des NDR-Fernsehens (als neunminütiger Beitrag sowie dreiminütiges Studiointerview mit Autorin Svea Eckert) machte er die Sache auch noch zum "Tagesthemen"-Aufmacher. Den besten Überblick gibt die elektronische Presse von ndr.de.

Etwas ändern könnte diese Recherche, die der NDR übrigens ohne seine Rechercheverbunds-Kumpel von der Süddeutschen und dem WDR anstellte, weil sie individuelle Ausspähung anhand verkaufter Datensätze sehr konkret runterbricht: z.B. auf

"das Beispiel eines Managers aus Hamburg. Sein Datensatz beinhaltet unter anderem eine Reihe von Links zu einem Online-Speicher-Dienst, bei dem er Unterlagen zu einem Hausbau abgelegt hat. Jeder, der diese Adressen kennt, kann darüber Kontoauszüge, Architektenzeichnungen, Lohnabrechnungen mit Hinweisen auf das Bonus-System des Arbeitgebers, eine Kopie des Personalausweises und detaillierte Auszüge aus den Unterlagen zu einem Bankkredit abrufen."

Sowie auf "Sado-Maso-Vorlieben eines Richters", der ebenfalls nicht namentlich genannt wird; ob er anonym bleibt (obwohl beim Datenhandel ja keine Negative mehr verkauft werden, die sich, wenn die Ermittler schon an der Tür rütteln, noch im Klo runterspülen oder verbrennen lassen und dann weg sind), wird spannend zu beobachten sein. Außerdem auf das Beispiel eines "Internetprofis" ("Zapp"-Tweet), des bloggenden, gestern noch aus ganz harmlosen Anlass ("Brauchtumsverein für Menschen mit der Heimat Internet") hier erwähnten SZ-Journalisten Dirk von Gehlen.

Schon weil innerhalb von sechseinhalb Minuten stark ansteigende Ratlosigkeit eines freundlichen Internetprofis vor laufender Kamera sonst selten so zu sehen ist, lohnt es sich, den bei ndr.de sowie natürlich auf Youtube verfügbaren Film anzuschauen.

Was folgt daraus? "Jeder muss persönlich datensensibler" werden (Dirk von Gehlen), alle sollten mit Browser-Erweiterungen und sog. Apps vorsichtiger sein, wobei der konkret genannte "Reputations- und Rezensionsservice" Web of Trust außer ganz konkret auch exemplarisch zu verstehen ist. Gerade scheinen Wie-kann-ich-mich-schützen-Webseiten gut zu klicken. Es werden jedenfalls viele angeboten. Gut informiert, weil in die NDR-Recherchen eingebunden, ist das von iRights e.V. betriebene mobilsicher.de. Und "wer in der Weihnachtszeit eine gute Tat verrichten will, kann Freunde und Verwandte auf das Risiko aufmerksam machen" (netzpolitik.org).

Von Ressortpolitikern wie Konstantin von Notz von den Grünen lassen sich bereits bekannte Reflexe ("Das Bundesinnenministerium muss dafür sorgen, dass die Rechtslage in Deutschland auch durchgesetzt wird") in neuer Akzentuierung ("Super-GAU für Internetnutzer") hören. Dass Durchsetzungs-Bemühungen, falls es zu ihnen in dieser Legislaturperiode noch kommen sollte, in der Praxis auf die auch längst bekannten Schwierigkeiten treffen dürften, zumal, falls die bisher schon zuständigen Ministerien sie anstrengen sollten, macht wiederum der NDR deutlich:

"Die Software-Entwickler agieren indes oft aus dem Ausland, vermittelt werden die Erweiterungen zum Beispiel über Server in den USA. Häufig vertreiben Zwischenhändler dann die großen Datenpakete. Viele kommen aus Israel, einige bedienen sich auch Briefkastenfirmen in notorisch intransparenten Ländern wie Panama oder den Britischen Jungferninseln. Ein Betroffener, der sich in Deutschland juristisch gegen den Verkauf seiner Daten zur Wehr setzen möchte, hat in so einer Konstellation wenig Aussicht auf Erfolg."

Heute abend wird "Zapp", das Late-Night-Medienmagazin des NDR, unter dem Beitragstitel "Dark Data - Journalistenprofile im Verkauf" noch weiter berichten.

[+++] Heute ist außer Internationalem Tag der Katastrophenvorbeugung (Tsp.-"Checkpoint") auch UN-Welttag gegen Straflosigkeit für Verbrechen an Journalisten. Bzw., vielleicht gehören Strafen für Verbrechen an Journalisten auch einfach zur Katastrophenvorbeugung.

Jedenfalls haben die Reporter ohne Grenzen ihre frische "Feinde der Pressefreiheit"-Übersicht veröffentlicht. Dabei handelt es sich um kein onlineaffines Ranking-Format. Vielmehr ist die umfassende Übersicht (37 englischsprachige Seiten, PDF) alphabetisch nach Kontinenten geordnet.

"Sie umfasst 35 Staats- und Regierungschefs, Extremisten- und Verbrecherorganisationen sowie Geheimdienste. Diese verkörpern in besonders drastischer Weise die rücksichtslose Unterdrückung der Pressefreiheit durch Zensur, willkürliche Verhaftungen, Folter und Mord. Neu auf der Liste stehen unter anderem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der ägyptische Präsident Abdelfattah al-Sisi und Thailands Junta-Chef Prayut Chan-o-cha. Zu den weiteren Neuzugängen gehören etwa der burundische Präsident Pierre Nkurunziza, Saudi-Arabiens König Salman und Venezuelas Präsident Nicolas Maduro, außerdem die Huthi-Rebellen im Jemen, die Dschihadistenmiliz 'Islamischer Staat' und die Islamistengruppe Ansarullah Bangla Team in Bangladesch",

heißt es im deutschsprachigen Kommentar. Da die Türkei unter "Europa and Central Asia" firmiert, erscheint Präsident R.T. Erdogan erst auf Seite 29:

"Erdogan does not like the media, or rather, he likes the media to be submissive and docile and to sing his praises. He persecutes critics with the help of a law under which they can be prosecuted for 'insulting the president' and broad terrorism legislation that allows every kind of abuse. By various political and economic means, he also controls almost all the leading media groups (especially TV channels) ..."

In deutschen Medien gibt es allerhand Anschluss-Berichterstattung zu den gestern hier erwähnten aktuellen Ereignissen, der neuen Bedrängnis der Zeitung Cumhuriyet.
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Über eine teils auf Twitter, teils wohl in gesprochener Rede geführte Battle zwischen Martin Schulz (EU-Parlament & SPD) und dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim berichten SPON und - mit dem Schulz-Tweet - der schweizerische Boulevardblatt Blick. (Und falls dieser Yildirim bzw. überhaupt türkische Regierungs-Propaganda auf deutsch interessiert: Der ebenfalls aktuelle trt.net.tr-Artikel "Ministerpräsident Binali Yildirim zur Wiedereinführung der Todessstrafe" ist aufschlussreich).

Die Reaktion der Cumhuriyet schildert der Standard:

"Das Blatt erschien am Tag nach den Festnahmen mit der Schlagzeile: 'Wir geben nicht auf'. Neben dem roten Schriftzug 'Cumhuriyet' stand in der Ausgabe vom Dienstag in Versalien und schwarz unterlegt: 'Noch ein Schlag gegen die freie Presse'. Das türkische Wort für 'Schlag' (darbe) kann auch als 'Putsch' übersetzt werden. Die Behörden hatten am Montag nach Angaben der Zeitung 13 Mitarbeiter des Blattes festgenommen, darunter Chefredakteur Murat Sabuncu. Statt der Kolumnen der festgenommenen Journalisten Hikmet Cetinkaya und Kadri Gürsel erschienen am Dienstag aus Protest nur weiße Flächen",

wie etwa dieses Foto auf Twitter zeigt.

Den festgenommenen Chefredakteur porträtiert die Süddeutsche. Die Lage der Cumhuriyet beschreibt deren Redakteur Ali Celikkan in der TAZ. Die Geschichte der Zeitung beschreibt in ungewohntem Sound ("Cumhuriyet! Ausgerechnet Cumhuriyet! Die älteste Zeitung der Türkei, gegründet 1924, deren Titel übersetzt Republik lautet ...") meedia.de. Und gewohnt kraftvoll, allerdings in ungewohnte Richtung äußert sich der Vorsitzende der Journalistengewerkschaft DJV, Frank Überall: "Das Schweigen der Kanzlerin ist unerträglich".

Das differenzierte Kanzlerin-Schweigen beschreibt Tobias Peter in der Berliner Zeitung:

"Viele erwarten von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), dass sie klar Stellung für Menschenrechte und Pressefreiheit bezieht. Zugleich will sie den türkischen Präsidenten Erdogan nicht zu sehr vor den Kopf stoßen, weil dieser ein wichtiger Partner bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise ist. Ihr Regierungssprecher Steffen Seibert nutzte den Trick, auf der Bundespressekonferenz ein altes Merkel-Zitat erneut vorzutragen. So kann die Kanzlerin sich kritisch äußern, ohne neues Öl ins Feuer zu gießen."

Den Altpapier-Lesern längst bekannten, "heute in Deutschland lebenden Chefredaktor" der Cumhuriyet, Can Dündar, haben die türkischen Behörden übrigens "zur Fahndung" ausgeschrieben (NZZ). Lässt sich mit Sicherheit sagen, dass deutsche Behörden und die deutsche Regierung darauf nicht reagieren werden?

[+++] Erdogan-alien in Deutschland I: "Vor dem Landgericht Hamburg beginnt heute die mündliche Verhandlung zur Unterlassungsklage des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gegen ZDF-Moderator Jan Böhmermann. ... .... Der türkische Staatspräsident will mit seiner Klage nun ein Komplettverbot des Gedichts erwirken. Ein Urteil wird für Mittwoch noch nicht erwartet" (EPD/ evangelisch.de; siehe auch Standard).

Dazu sprach der Deutschlandfunk mit dem Medienrechts-Anwalt Tilman Winterling:

"Doch ob Sieg für Böhmermann oder Erdogan - Winterling geht davon aus, dass der Streit seinen Weg durch die Gerichtsinstanzen gehen wird. Am Ende könnte es der [sic] Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe sein, der entscheiden muss. Die Rechtswissenschaft würde das freuen, ist sich Winterling sicher. In diesem Fall sei ein Grundsatzurteil zu erwarten, 'das die Rechtssprechung der nächsten Jahre prägen wird'."

[+++] Erdogan-alien in Deutschland II: Wie die Medienkorrespondenz in ihrer aktuellen Ausgabe meldet, ist Ende Oktober das novellierte Gesetz über den Hessischen Rundfunk in Kraft getreten (über das im Vorfeld, im August, die Frankfurter Rundschau berichtet hatte):

"Was den neuen Sitz im HR-Rundfunkrat für die muslimischen Glaubensgemeinschaften anbelangt, schreibt das neue Gesetz nun Folgendes vor: Diesen Platz erhalten gemeinsam der DITIB-Landesverband Hessen, die Gemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat in der Bundesrepublik Deutschland und die Alevitische Gemeinde Deutschland. Können sich die drei Verbände nicht über einen gemeinsamen Vertreter einigen, 'entscheidet das Los zwischen den Vorschlägen der Organisationen', heißt es im novellierten Gesetz. ... ...

Ursprünglich hatten CDU und Grüne in ihrem Gesetzentwurf vorgesehen, dass die Landesregierung durch eine Verordnung festlegt, wie der Rundfunkratssitz für muslimische Glaubensgemeinschaften vergeben wird. In der Anhörung zur Novellierung des HR-Gesetzes, die im August stattfand, wurde jedoch an diesem Passus Kritik laut. Durch eine solche Regelung könnte die Staatsferne im Rundfunkbereich tangiert sein, hieß es. Aufgrund dieser rechtlichen Einschätzung entschlossen sich CDU und Grüne dann dafür, drei muslimische Glaubensgemeinschaften zu benennen, die künftig gemeinsam einen Sitz im HR-Rundfunkrat erhalten."

Heißt: Im Namen der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (an die ohnehin vor allem die glauben, die dem Staat und/ oder Rundfunk ziemlich nahe stehen) hat eine schwarz-grüne Landesregierung dafür gesorgt, dass zu den Aufsehern einer deutschen Rundfunkanstalt Vertreter eines Verbandes gehören könnten, der einer von einem internationalen Top-Feind der Pressefreiheit geführten Regierung direkt untersteht - sofern die Hessischer Rundfunk-Nutzer nicht noch Losglück haben.


Altpapierkorb

+++ "Diese Stadt könnte ein Paradies sein für Zeitungen und ist das Gegenteil": Da geht Jens Schneider auf der Süddeutsche-Medienseite noch mal der Krise bei der Berliner Zeitung (Altpapier vom Freitag) bzw. der bei allen Berliner Zeitungen nach. Warum er allerdings ausgerechnet die frischgebackene Bundesverdienstkreuzträgerin Dagmar Reim als Gewährsfrau befragt, die in ihrer Zeit als RBB-Intendantin mit Berlin auch nicht sehr gut zurechtgekommen ist, bleibt unklar. Weitere Gewährsleute sind Richard Meng und der Journalistik-Professor Stephan Weichert. +++

+++ Gestern von der FAZ vermeldet (siehe Altpapier), seither breit diskutiert: die Youtube-Gema-Einigung. "Wermutstropfen der außergerichtlichen Einigung sind deshalb deren Vertraulichkeit und der Umstand, dass es dadurch kein höchstrichterliches Urteil in der Auseinandersetzung geben wird. Das bedeutet, dass die Rechtsunsicherheit für andere Plattformbetreiber oder neue Diensteanbieter bestehen bleibt" (Leonhard Dobusch bei netzpolitik.org). +++ "Die jetzige Entscheidung sei deshalb auch ohne Urteil 'ein klares Signal an die Plattformbetreiber, dass sie ihre Dienste nicht auf dem Rücken der Urheber errichten können', zitiert zeit.de die Gema-Kommunikationsdirektorin Ursula Goebel: "Um einen klaren Rechtsrahmen zu schaffen, sei nun die Politik gefordert. Gute Impulse habe es gegeben – nicht zuletzt von Günther Oettinger und seinen Plänen einer EU-Urheberrechtsreform." +++ "Das Beste an der Einigung: Sie kam ohne Gerichtsurteil zustande. Das bringt zwar keine endgültige Rechtssicherheit, aber es zeigt, dass ein Umdenken begonnen hat. So etwas nennt man Zäsur" (Christian Tretbar, Tagesspiegel). +++ Auf der FAZ-Medienseite interviewt Axel Weidemann Dieter Gorny als Vorstandsvorsitzenden des Bundesverbandes Musikindustrie ("Es war eine ziemliche Überraschung. Denn bisher überwog der Eindruck, dass in diesem Streit Bedingungen auf den Tisch kommen, die nicht darauf schließen lassen, dass man sich überhaupt einigen will. Youtube hat bis dato immer darauf gepocht, lediglich eine neutrale Plattform und somit nicht für die hochgeladenen Inhalte verantwortlich zu sein. Jetzt zeigt sich, dass sich offenbar am Selbstverständnis von Youtube als Plattform – das sich ja zuletzt sogar durch die Gerichte bestätigt sah – etwas geändert hat"). +++ Ebd. kommentiert Michael Hanfeld: "Das Wirken des Digital-Kommissars Günther Oettinger, der durchblicken lässt, das er sich für Urheber- und Verlegerrechte einsetzt, bleibt augenscheinlich auch nicht ohne Folgen, mehr aber noch muss sich Google vor dem Wettbewerbsverfahren der EU-Kommission fürchten, in dem geprüft wird, ob der Konzern zum Beispiel seine global marktbeherrschende Position auf dem Suchmaschinenmarkt zu seinen Gunsten ausnutzt. " +++

+++ Weiter diskutiert wird über die Carolin-Emcke-Rede (siehe Altpapier) und das "Wow" darin"'Wow': Man kann sich von der Aussage einer Preisrednerin reizen lassen, sie hätte sich seit ihrer frühen Jugend Jahr für Jahr und ohne Fehl im Fernsehen die Übertragung aller Ansprachen angesehen, die frühere Preisträger gehalten haben. Immer will sie dabei auf dem Teppichboden gelegen haben, sogar freiwillig, weil sie ja noch nicht dazugehörte, unten war ..." Alexander García Düttmann, der an der Berliner Universität der Künste Philosophische Ästhetik, Kunstphilosophie, Kulturtheorie und Kunsttheorie lehrt, im FAZ-Feuilleton (Blendle, 45 Cent) unter der Überschrift "Was Carolin Emcke in der Paulskirche vortrug, war ein Diskurs, der sich an sich selbst berauscht". +++ "'Wow': So hat noch kein Friedenspreisträger seine Dankesrede begonnen. Und ebenso fern lag es bislang jeder der im Namen des Deutschen Buchhandels geehrten Kultur- und Politikgrößen, das Fernsehen als Quelle der Inspiration zu nennen. Carolin Emcke, die diesmal Ausgezeichnete (neunte Frau unter 66 Laureaten: ja, die Verhältnisse), tat es völlig unbefangen. Und offenbarte, ganz nebenbei, dass die Eltern sogar richtige Fernsehsessel hatten ... " (Alt-Grimmechef Uwe Kammann im epd medien-Tagebuch). +++

+++ Joachim Huber verteidigt im Tagesspiegel in großem Bogen die öffentlich-rechtliche Fernsehkrimiflut: "Der deutsche Fernsehkrimi hat sich über die Jahre, über die Talente und Fertigkeiten seiner Macher zum All-inclusive-Genre entwickelt. Sozialdrama, Komödie, Tollheit, Kapitalismuskritik, klassischer Polizeifilm, forensisches Proseminar, politisches Fernsehspiel – es ist atemberaubend, was alles unter das Label 'Räuber und Gendarm' passt.". Ergo: Der Fernsehkrimi "entspannt den Alltagsbürger und zähmt den Wutbürger", so Huber. +++

+++ Daneben stellt der Tagesspiegel ein von Kanzleramts-Staatsministerin Aydan Özoguz gefördertes 85-seitiges "Journalisten Handbuch zum Thema Islam" des Mediendiensts Integration vor. +++

+++ "Am Ende steht ein sehr zerknirschter Satz: 'Ich schäme mich für schlimme Fehler, die ich in meinem Verhalten Menschen gegenüber gemacht habe, besonders gegenüber Frauen.' Ari Shavit, einer der bekanntesten und einflussreichsten Journalisten Israels, hat diesen Satz geschrieben, und es wird wohl bis auf Weiteres das Letzte gewesen sein, was öffentlich von ihm zu hören war" (Peter Münch auf der SZ-Medienseite). +++

+++ Dann noch auf der FAZ-Medienseite: Hans Hütt über das 3sat-Feature "Digital, flexibel, überflüssig" ("So gewinnt ein berühmt-berüchtigtes Zitat neue Aktualität: 'Die Proletarier haben nichts zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen.' Worin liegen heute ihre Ketten? Sie werden länger und scheinen unsichtbar. Zum Beispiel bei den sogenannten Crowdworkern, einem weltweit verteilten, jederzeit einsetzbaren Reserveheer, das für elektronisch vermittelte Minijobs bereitsteht ...") +++

+++ Die bayerischen Medienwächter sehen "möglichen Regulierungsbedarf" bei Mediaagenturen, die derzeit 15 Milliarden Euro Werbegelder pro Jahr verteilen (dwdl.de). +++

+++ Fernseh-Einschaltquoten I: "Den Festgottesdienst zur Eröffnung des 500. Reformationsjubiläums haben am Montag rund 670.000 Zuschauer am Fernsehbildschirm verfolgt. Das Erste erzielte mit der Live-Übertragung aus der Berliner Marienkirche nach Angaben der ARD einen Marktanteil von 5,6 Prozent. Den anschließenden Festakt mit Bundespräsident Joachim Gauck im Konzerthaus Berlin sahen im ZDF 1,13 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 6,7 Prozent entspricht" (evangelisch.de). +++

+++ Fernseh-Einschaltquoten II: "Zumindest sind die Zahlen der ersten großen Tennis-Übertragungen bei ARD und ZDF seit mehreren Jahren reichlich ernüchternd. Nur eine von fünf Sendungen vom WTA-Finale in Singapur mit der deutschen Weltranglisten-Ersten hat bei den TV-Sendern die Marke von einer Million Zuschauern geknackt. ... Nach dem gescheiterten Kerber-Experiment wird es auf absehbare Zeit keine großen Tennis-Übertragungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen geben" (kicker.de unter der Überschrift "Kerber unterliegt 'Roten Rosen'"; und dass die Tennis-Bundestrainerin bei Twitter den ARD-Digitalsender, der neuerdings One heißt, gar nicht kannte, hat die ARD gewiss auch verstimmt ...). +++

Neues Altpapier gibt's wieder am Donnerstag.