Die Dehnung des Sagbaren

Die Dehnung des Sagbaren
Was es mit der Formulierung „Luder“ auf sich hat. Wie ein homophober Satz auf der Seite 1 der Zeit einzuordnen ist. Was die aktuelle EM-Berichterstattung mit Stefan Raab zu tun hat. Warum Drehbuchautoren für Treatments viel besser bezahlt werden müssten. Außerdem: eine Forsa-Umfrage, die Aufschluss gibt über die Tragweite der Hasskommentare im Netz; Einschätzungen zum 11-Freunde-Ableger No Sports; die für einen freien Journalisten wichtige Fähigkeit, nicht rechnen zu können.

Der Begriff Binnenpluralismus ist normalerweise positiv besetzt. Somit lässt sich aus aktuellem Anlass feststellen, dass der Zeit-Verlag ein binnenpluralistisches Haus ist, das sowohl im weiteren Sinne linke als auch rückständige und antiliberale Positionen zulässt. Inwiefern? Gehen wir zunächst auf das positive Beispiel ein: Bei Zeit Online nimmt Penelope Kemekenidou die Debatte um Gina-Lisa Lohfink (Zusammenfassung für Einsteiger: ein gerade bei Rosegarden republizierter Missy-Text) zum Anlass, sich damit zu befassen, was (vor allem) die Boulevardpresse bezweckt, wenn sie den Begriff Luder verwendet:

„Frauen wie Gina-Lisa Lohfink, oder Ashley Youdan, die Ex-Freundin von David Garrett, (…) werden mit Begriffen belegt, wie ‚Ex-Party-Girl‘, ‚Ex-Porno-Sternchen‘ und nicht zu vergessen: ‚Luder‘. Ein Luder, das ist eine Frau, die viel feiert und viel Sex hat. Sie ist eben das, was andere als Schlampe bezeichnen würden.“ 

Luder klinge aber „irgendwie verspielter, freundlicher“ - und sei zudem

„die Verschriftlichung der visuellen Objektifizierung, ein sozial anerkanntes Wort, das unterschwellig klarmacht: Das ist eine Frau, die wir ungestraft verachten können. Frauen wie Lohfink werden in diesen patriarchalen Strukturen zu einem geeigneten Lockmittel für die Boulevardpresse.“

Maßgeblich ist nicht zuletzt:

„Über Luder wird berichtet, zu Wort kommen lässt man sie jedoch selten. Sowohl für die vermutlichen als auch für die verurteilten Täter sieht es anders aus (…) Wenn ein Täter wie der Stanford-Vergewaltiger Turner eben nach anwaltlicher Beratung nicht selbst sprechen kann, so machen es die Medien für ihn: Er wird, nicht wie üblich mit dem polizeilichen Foto des Tattages abgebildet, sondern mit seinem Jahrbuchfoto, das ihn sympathisch lächelnd präsentiert (…) Luder haben eigentlich in der Boulevardpresse gar nicht zu sprechen (…) Es würde die Narrative des Objekts zerstören, dessen Leben die Leser zur Ausschlachtung verbiegen können, wie sie wollen. Am Ende bleibt hängen: Luder wie Lohfink und Youdan können gar nicht missbraucht werden, denn sie sind eh schon kaputt.“

Weil „im Internetzeitalter jeder Sprechzeit bekommen kann“, haben Lohfink und ihre Unterstützerinnen aber nun doch eine gewisse Macht, die „Narrative“ in Frage zu stellen, schreibt Kemekenidou des weiteren.

Die oben erwähnte rückständige Position formulierte hingegen Jörg Lau in der vergangenen Woche auf Seite 1 der gedruckten Zeit:

„Homophobie ist nicht zuletzt eine Reaktion auf die enormen Emanzipationsgewinne der Schwulen und Lesben.“

Dieser Satz, den Stefan Niggemeier vor zwei Tagen ebenfalls aufgegriffen hat, sei „ein Hammer“, schreibt nun Johannes Kram im Nollendorfblog. Und zwar 

„ungefähr so ein Hammer wie der, dass der Rassenhass in Amerika nicht zuletzt eine Reaktion ist auf das Verbot der Sklaverei. Oder der, dass der Antisemitismus nicht zuletzt eine Reaktion ist auf die Gründung des Staates Israel.“

Man muss die Hammer-Äußerung des lauen Jörg - tja, Freunde, ich kann auch Namenswitze! - natürlich in einem größeren Kontext sehen:

„Das Schlimme an diesem Satz ist, dass ein homophober Satz in der Zeit nicht als ein homophober Satz gilt, da er ja in der Zeit steht. Dass das einfach so durch geht, zeigt, wie sehr die Autosuggestion vieler Links-Intellektueller fortgeschritten ist, in Sachen Entsolidarisierung ein Teil der Lösung, und nicht des Problems zu sein.“

Dabei kommt Kram auf etwas zu sprechen, was in der Berichterstattung über die AfD und Pegida mehr Aufmerksamkeit verdiente:

„Natürlich sind es die neuen Rechten, die die Stimmung gegen Minderheiten, und insbesondere auch gegen Homosexuelle anheizen. Doch ihr Erfolg, ihre Debattenmacht ist vor allem deshalb möglich, weil die Dehnung des Sagbaren nicht nur durch die Verschiebung des Parteienspektrums nach rechts stattgefunden hat, sondern dadurch, diese Verschiebung in allen ‚Milieus‘ mitgerückt ist, also auch im links-intellektuellem, das in Deutschland publizistisch besonders durch die Zeit repräsentiert wird.“

Zu ergänzen wäre noch: In den Medien ist von dieser „Verschiebung in allen ‚Milieus’“ eher selten die Rede, weil Journalisten sonst gezwungen wären, sich mit Teilen ihres eigenen Milieus zu befassen, und das tun sie in der Öffentlichkeit ja eher nicht so gern. Kram kritisiert:

„Doch die Zeit hatte nicht nur keinen Sensor für den Paradigmenwechsel. Sie hat ihn selbst mit vorangetrieben, am sichtbarsten durch die (neben dem Chefredakteur und den Herausgebern) wohl markanteste öffentliche Figur, ihren Magazin-Kolumnisten Harald Martenstein.“

[+++] Dass „Homophobie nicht zuletzt eine Reaktion auf die enormen Emanzipationsgewinne der Schwulen und Lesben“, ist vermutlich auch die Meinung Donald Trumps. Er würde sie aber wohl ein bisschen handfester formulieren. Um Trump geht es aktuell in zwei medienjournalistischen Beiträgen. Auf der SZ-Medienseite stellt Matthias Kolb „Trumpcast“ vor, den Podcast des Slate-Geschäftsführers Jacob Weisberg:

„Trumpcast ist ideal für alle, die in der täglichen Flut von Trump-Artikeln den Überblick verlieren. Etwa 20 Minuten dauert eine Episode, und treffsicher wählt Weisberg die wichtigsten Enthüllungen aus. Er diskutiert ebenso über die Parallelen des Republikaners zu Berlusconi und Putin wie über (...) die charakteristische Helmfrisur von ‚The Donald.‘“

Und in der Medienkorrespondenz schreibt deren US-Korrespondent Franz Everschor:

„Immer häufiger hört man derzeit in den USA die Meinung, das Fernsehen sei entscheidend am kometenhaften Aufstieg des Immobilientycoons Donald Trump zum alleinigen Anwärter der republikanischen Partei auf das Präsidentenamt beteiligt gewesen. Man hört ähnliche Vorwürfe stets und überall, wo polarisierende Personen oder Ereignisse im Mittelpunkt politischer Diskussionen stehen. Doch sie werden selten mit derartiger Heftigkeit und Häme vorgebracht wie im Fall Trump (…) Es lässt sich nicht leugnen, dass von den Reden, die Donald Trump im Rahmen des US-Präsidentschaftsbewerber-Wahlkampfs seit Monaten nahezu jeden Tag vor Tausenden von Menschen hält, eine Faszination ausgeht, die von seinen Gegnern inzwischen in der Nähe des Faschismus angesiedelt wird. Das Fernsehen, das stets auf der Suche nach Sensationen ist, kann sich einem solchen Kandidaten kaum verschließen – umso weniger, als es gerade im kommerziellen System der USA jeden Augenblick auf Einschaltquoten und Werbeumsätze schielen muss.“

[+++] Vom amerikanischen zum deutschen Fernsehen:

„Was ARD und ZDF dieser Tage auf die Beine stellen, erinnert den Fußballfernsehjunkie oft an die alten Stefan-Raab-Sendungen: ein Endlos-Glotzen, in dem das Warten selbst zum Sinn wird, ein opulentes Zeittotschlagen. Im Grunde schaut man zu, wie ARD und ZDF zehn Stunden lang ‚Schlag den Fußball’ übertragen“,

schreibt Axel Brüggemann im Freitag. Dass Holger Stanislawski im ZDF „wie eine Parodie auf Tina Hausten wirkt“, also die Parodie einer Parodie, bemerkt er außerdem.

Kritik am öffentlich-rechtlichen Fernsehen wird aktuell in verschiedenen Groß-Zusammenhängen formuliert, etwa in einem Interview auf der SZ-Feuilleton-Aufmacherseite, das David Steinitz mit Christian Petzold geführt hat, der - und das ist der Anlass der Gesprächs - beim Filmfest München mit einer Retrospektive „geehrt“ wird:

„Das Problem im TV ist, dass immer mehr an der Kreativität gespart wird: kleinere Budgets, kürzere Drehzeiten. Ich muss das Skript so schreiben, dass ich die Geschichte in 24 Drehtagen machen kann.“

„24 Drehtage sind sowieso schon mehr, als andere für einen 'Polizeiruf' bekommen."

„Es finden sich immer junge Filmhochschulabsolventen, die bereit sind, es noch schneller und billiger zu machen. Filmschüler werden heute zu Lohndrückern ausgebildet, damit sie sich irgendwie am Markt etablieren können. Wenn man jung ist und Nichtraucher, kriegt man so einen Krimi wahrscheinlich auch in 16 Tagen hin.

Mit einem anderen Regisseur (Friedemann Fromm) sowie mit Michael Lohmann, dem Produktionschef von Studio Hamburg, hat Karoline Jacquemain (Hamburger Abendblatt) über den „Zustand des Fernsehens“ gesprochen. Fromm sagt: 

„Das Hauptproblem besteht darin, dass unsere Finanzierungskette nicht stimmig ist. Autoren müssten für ihre Treatments viel besser bezahlt werden, denn darin steckt die größte kreative Leistung. Im Idealfall müsste es so sein, dass es sich ein Autor in diesem Stadium finanziell leisten kann, sich einzig auf seine Geschichte zu konzentrieren.“ 

Tilmann P. Gangloff wiederum befasst sich in einem Debattenbeitrag für epd medien mit dem „Altenbild in der Fiktion bei ARD und ZDF“. Senderverantwortliche äußern dazu unterschiedliche Meinungen, und um Geld geht es auch:

„Mehr Geschichten mit alten Hauptfiguren: Davon würden auch die Schauspieler profitieren; viele klagen über Altersarmut. Hans-Werner Meyer, Vorstandsmitglied des Bundesverbands Schauspiel (BFFS), sagt, die Angebote würden ‚im Alter nach wie vor extrem rar. Nur wenige sehr bekannte Schauspieler älteren Semesters bekommen noch interessante Rollen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass das Publikum der öffentlich-rechtlichen Sender immer älter wird. Auch alte Zuschauer sehen lieber junge Gesichter.‘ Dabei wäre es aus Meyers Sicht begrüßenswert, wenn die Branche nicht auf die Erfahrung und die Spielkompetenz der älteren Kollegen verzichten müsste, ‚bloß weil junge Redakteure ihre eigenen Befindlichkeiten gespiegelt sehen möchten‘“.

Die drei eben zitierten Artikel haben im Übrigen gemein, dass sie derzeit nicht frei online stehen.

[+++] Wofür man das öffentlich-rechtliche Fernsehen, in diesem Fall den RBB und die Verantwortlichen der ARD-Reihe „Geschichte im Ersten“, loben muss: dass sie mit der zweiteiligen Dokumentation "Schatten des Krieges" auf den 75. Jahrestag des Beginns des „Dritten Weltkriegs“ (Joachim Fest 1973, Erich Später 2011 ff.) bzw. des Überfalls auf die Sowjetunion angemessen reagiert haben - anders also als die führenden Politiker hier zu Lande, deren Verhalten Stefan Braun auf der heutigen SZ-Meinungsseite (Es sei auch „falsch gewesen, dass Bundespräsident, Bundesregierung und Bundestag diesem verheerenden Kapitel des Krieges nicht ein umfassenderes Gedenken gewidmet haben“) und Friedrich Schorlemmer auf der Seite 1 des Freitag („Tatsächlich wird nicht nur eine Chance zur Entspannung verspielt, sondern auch das Gebot des historischen Anstands verletzt. Eine Geste der Demut wäre angebracht gewesen, zumindest ein Moment des Innehaltens angesichts des unermesslichen Leids, das mit dem 22. Juni 1941 begann“) kritisieren. Den hervorragenden Zweiteiler, den die ARD bereits ausgestrahlt hat und den das RBB Fernsehen am Dienstag en bloc wiederholt, habe ich für die Medienkorrespondenz besprochen. 

[+++] In der FAZ erscheinen ja ungefähr alle zwei Tage anti-öffentlich-rechtliche Artikel, der Gähnfaktor ist daher relativ hoch. Ganz anders verhält es sich mit der aktuellen Polemik, mit der Rose-Maria Gropp auf die „Kunstverschleuderung“ des WDR in London eingeht. Es ist ein furioser Beitrag über die Zerschlagung einer kulturhistorisch wertvollen Sammlung. Siehe dazu aktuell auch einen längeren dpa-Hintergrundbeitrag in der Rheinischen Post („Ohnehin hatten es nur zwei der 48 Werke, die aus der insgesamt etwa 600 Werke umfassenden Sammlung als verkäuflich eingeschätzt wurden, in den noblen ‚Evening Sale‘ geschafft“) und mehrere Altpapiere (etwa dieses und dieses). Gropp schreibt nun, der WDR habe sich 

„selbst ein Armutszeugnis ausgestellt. Unter ökonomischen Gesichtspunkten sowieso; denn selbst wenn die Erwartungen erfüllt worden wären, stünde das Ergebnis den jährlichen Sparvorgaben von 110 Millionen Euro für den WDR gegenüber. Unter ethischen Aspekten, sollte an so etwas noch Interesse bestehen in der Institution, ist die Zerschlagung dieses Zeitzeugnisses unserer jüngsten Vergangenheit nicht zu legitimieren.“

[+++] In den aktuell erschienenen Nachrufen auf Wolfgang Welt, der am Sonntag gestorben ist, geht es nach meinem Eindruck in einem stärkerem Maße als in den zuerst nach seinem Tod erschienenen Artikeln um den Musikjournalismus der späten 1970er und frühen 1980er Jahre.

„Wolfgang Welts Romane und Erzählungen handeln von nichts anderem als dem, was er selbst erlebt hat, seinem Aufwachsen im Ruhrgebiet, das mit viel Lokalkolorit geschildert wird, den Versuchen, im Journalismus-Geschäft Fuß zu fassen, auch seinem Abgleiten in die Psychose.“ 

schreibt Enno Stahl bei freitag.de. Olaf Velte ergänzt in der Frankfurter Rundschau

„Für Sounds und Musikexpress ist der freie Journalist zunächst durch die Konzertsäle, Kneipen und Redaktionsstuben Europas gereist, hat Motörhead auf Tournee durch England begleitet, Alan Vega ins Interview gezwungen – herrlicher Stoff, glänzend überliefert.“

Am ausführlichsten beschäftigt sich Frank Schäfer in der Jungen Welt mit dem erwähnten Aspekt:

„Wolfgang Welt hatte das, was jeder Rockjournalist zuverlässig haben muss, wenn er wahrgenommen werden will: 25 Prozent Kennerschaft, 25 Prozent Leidenschaft und mindestens 60 Prozent Scheißhausfliegenfrechheit. Außerdem darf er nicht rechnen können, sonst würde er den Job nämlich nicht machen. Welt machte ihn auch nur ein paar Jahre, von 1979 bis 1984 (…) Während sich die Popkritik mit Diedrich Diederichsen, Peter Glaser et alii zu intellektualisieren begann, kultivierte Welt weiterhin einen rücksichtslos subjektivistischen Fan- und Fanzine-Stil im Geiste der 70er und drang damit durch – in Sounds, Rock Session, Musikexpress. Wozu Argumente, wenn man solche unglaublich lässig aus dem Ärmel geschlenkerten, großartig großkotzigen Merksätze raushauen kann, die einem damals nicht mehr aus dem Kopf gingen. ‚Heinz-Rudolf Kunze ist eine Null. Er selber weiß es am besten‘ schrieb er über einen damals noch neuen Sänger.“

Woraufhin ihn im Übrigen, wie man bei Wolfgang Welt selbst nachlesen kann, eine Plattenfirmenfrau schimpfte, er, Welt, sei kein Journalist, sondern ein „Tintenpisser“. Unter ökonomischen Aspekten natürlich noch bemerkenswert: Die Fähigkeit, „nicht rechnen zu können“ (Schäfer), ist nicht erst seit gestern eine wichtige Voraussetzung, um als freier Journalist arbeiten zu können. Zumindest für einige galt das schon vor dreieinhalb Jahrzehnten.


Altpapierkorb

+++ Der Aufmacherartikel der FAZ-Medienseite geht ein auf eine Protestveranstaltung am Dienstagnachmittag, die vor „den Räumen der kurdisch-türkischen Oppositionszeitung Özgür Güldnem“ in Istanbul stattfand. Sie richtete sich „gegen die Inhaftierung dreier politischer Aktivisten, die am Vortag wegen ihrer Verbindungen zu der Zeitung festgenommen“ worden waren (siehe Altpapier von Dienstag).

+++ Cigdem Akyol ordnet in der Spex (Juli/August-Ausgabe) die Repressionen gegen Medienschaffende historisch ein: „Die Presse war in der Türkei nie frei. Schon seit der Republikgründung 1923 wurden Journalisten unter Druck gesetzt, inhaftiert oder gar ermordet. Doch erst Erdogan hat die Unterdrückung der Presse professionalisiert und gleichzeitig zu seiner persönlichen Aufgabe gemacht.“

+++ Heute erstmals erschienen: No Sports, ein Allgemeinsport-Ableger von 11 Freunde. Markus Ehrenberg (Tagesspiegel) würdigt „ausgeruhte Porträts“, meint aber auch, „ein bisschen mehr Humor“ und „Selbstironie“ könnten nicht schaden. „Handwerklich, das kann man sagen, haben 11 Freunde-Erfinder Philipp Köster und sein Team nichts falsch gemacht“, findet Peter Wenig (Hamburger Abendblatt), doch er vermisst „die berührenden Geschichten des Originals“. Als Beispiel nennt er die Titelstory des neuen 11-Freunde-Hefts über die Hillsborough-Katastrophe, die ja, was in einer Medienkolumne natürlich betont gehört, „einen der größten Medienskandale des 20. Jahrhunderts“ nach sich zog, wie 11-Freunde-Autor Adrian Tempany meint (siehe etwa Guardian und BBC Ende April). 

+++ Noch ein Nachtrag zur EM: Benjamin Hofmann vom kicker verdanken wir einen Eindruck davon, wie die Uefa den Begriff "Pressekonferenz" definiert (siehe hier und hier).

+++ In der Juli-Ausgabe von konkret kritisiert Marcus Hammerschmitt „die komplett Ahnungslosen und die bis zur Besinnungslosigkeit Überangepassten unter den Autoren“, die sich über das BGH-Urteil in Sachen Martin Vogel gegen die VG Wort (siehe u.a. dieses und dieses Altpapier) beschwert haben.

+++ Der Hoch-die-Tassen-Event des Tages: die Verleihung des Grimme-Online-Awards in Köln. Der WDR stimmt ein. Unter den Nominierten ist auch der hier heute relativ weit oben zitierte Nollendorfblog.

+++ Kein Hoch-die-Tassen-Event, aber unverzichtbar für Medienpolitik-Gourmets in der Region Düsseldorf: Die Medienkommission der „wichtigsten Landesmedienanstalt der Republik“ (taz), nämlich die der LfM, wählt heute - in öffentlicher Sitzung, hier die Tagesordnung als PDF - den Noch-RTL-Mann Tobias Schmid zum neuen Direktor der Behörde. Zu den Hintergründen siehe Altpapier, Altpapier, Altpapier und recht umfänglich auch die taz im eben verlinkten Artikel.

+++ Aktuell meldet sich die LfM in Sachen Hate Speech zu Wort. Anlass ist eine vor den nordrhein-westfälischen Medienkontrolleuren in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage. „Vor allem junge Menschen (14-24 Jahre) nehmen Hassbotschaften eher wahr. Laut der Forsa-Umfrage ist es in dieser Altersgruppe jeder Zweite. Vollkommen außen vor sind Ältere. 47 Prozent der über 60-Jährigen haben noch nie einen Hasskommentar gelesen. Dies dürfte der unterschiedlichen Mediennutzung geschuldet sein“, berichtet der Deutschlandfunk. Die LfM selbst zeigt sich in ihrer Pressemitteilung besorgt über „die große Tragweite, die Hasskommentare im Netz mittlerweile aufweisen“.

+++ Ob Journalisten dabei sein dürfen, wenn die Hassbotschafter der AfD am 2. und 3. Juli ihren nordrhein-westfälischen Landesparteitag abhalten, sollen die Delegierten entscheiden. Die WAZ berichtet. 

+++ Wer sich bisher nicht auszumalen vermochte, dass sich die musikalische Folter, für die die meisten öffentlich-rechtlichen Radiosender zumindest tagsüber bekannt sind, noch steigern lässt: Der NDR startet am 5. Juli ein „Schlagerradio“, das „digital-terrestrisch über den Technikstandard DAB plus und via Internet“ und „später auch über eine eigene App“ empfangbar sein wird. Die Medienkorrespondenz berichtet. In epd medien findet sich dazu ebenfalls ein Beitrag (der nicht frei online steht).

+++ Um aber noch etwas Positives über den NDR zu sagen: Am Montag startet in Hannover die erste „NDR Summer School“. Hier „sollen 18 junge Erwachsene mit Migrationshintergrund aus Niedersachsen einen Einblick in den Journalismus erhalten (…) Außerdem lernen sie die Ausbildungsmöglichkeiten und Programme des NDR kennen“ (dpa/Hamburger Abendblatt).

+++ Heute im Fernsehen: die Arte-Dokumentation „Die Eroberung der Weltmeere“, empfohlen von Thomas Gehringer (Tagesspiegel, Stuttgarter Zeitung). Das Fazit der Filmautoren lautet: „Der Ozean wird aufgeteilt wie ein Stück Land. Die Idee vom Meer als gemeinsames Erbe der Menschheit wurde von der Staatengemeinschaft ausgehöhlt." Bemerkenswert noch, dass beiden Redaktionen die selbe Headline eingefallen ist: „Hunger nach Meer“. 

Neues Altpapier gibt es wieder am Montag.