Friedliche Lösungen gewollt

Friedliche Lösungen gewollt

Assange kein Journalist? Was ist in Schweden Vergewaltigung? Neven DuMont aus dem Urlaub zurück. Ärger über Apple. Vier-Augen-Prinzip nützt nichts.

Nichts dramatisch Neues an diesem Donnerstag, aber auf ungefähr jeder aktuellen Baustelle der letzten Tage und Wochen herrscht Betrieb. Rund um Julian Assange ranken sich jede Menge Berichte, von US-amerikanischen Bemühungen um justiziable Vorwürfe, die sich Wikileaks machen ließen, bis zu neuen Einschätzungen der schwedischen Definition von Vergewaltigung.

Relativ breaking eine News, die gulli.com via cnet.com aus den USA erreichte: Julian Assange sei kein Journalist und "genieße somit nicht die mit diesem Berufsstand verbundenen Privilegien". Diese Einschätzung stammt von P.J. Crowley, einem Sprecher des US-Außenministeriums.

Mit dem völlig anderen und halt doch zusammenhängenden Aspekt des Vergewaltigungsvorwurfs aus Schweden, wegen dessen Assange in London in Haft sitzt, befasst sich in der FAZ (S. 2) Detlef Borchers unter der Überschrift "Ein schwedisches Abenteuer?":

"... Aus dem Gespräch heraus formulierte eine Polizistin eine Strafanzeige gegen Assange, die am 20. August aufgenommen wurde. Daraufhin wurde eine Fahndung, auch wegen Vergewaltigungsverdachts, eingeleitet, die aber am Tag darauf eingestellt wurde. Es ging dann nur noch um den Verdacht der Belästigung. Obwohl Assange sich danach über mehrere Wochen in Schweden aufhielt, wurde er nicht vernommen..."

"Peinlich sind jedoch die Versuche, das mögliche Geschehen von vornherein zu verharmlosen", schreibt Christian Rath in der TAZ. Und möchte damit ebenfalls kursierenden Gerüchten entgegentreten, ein geplatztes Kondom sei der Kern der Vorwürfe gegen Assange. Gegen Ende landet Rath beim (hier gestern verlinkten) zeit.de-Artikel.

Wer sich verschärft für boulevardige Aspekte interessiert, dem stellt die Bild-Zeitung, was sie so massiv nur selten tut, "50 Fakten" über Assange zur Verfügung.

Mit den Unternehmen, die willig mit der US-Regierung kooperieren (wozu ihnen selbst die FTD nicht uneingeschränkt raten würde), befasst sich wiederum Reiner Metzgers Kommentar auf der TAZ-Titelseite, der den Bogen bis zur morgigen Verleihung des Friedensnobelpreises an den abwesenden Liu Xiaobo schlägt:

"Die konzertierte Aktion von Staaten und Wirtschaft macht die ganze Wikileaks-Affäre zu einer Nagelprobe für den Gedanken der Freiheit, im Internet und anderswo."

Damit ins Inland, wo ein Einzelkämpfer, der in den vergangenen Wochen sehr oft auch hier Thema war, wieder da ist: Konstantin Neven DuMonts im November mit dem legendären "Juhu" angekündigte Urlaub ist vorüber. DuMont-Experte Marc Felix Serrao fragte daher für sueddeutsche.de (relativ rhetorisch) bei der Verlagsgruppe DuMont Schauberg (MDS) nach, ob Konstantin Neven DuMont denn jetzt also wieder an die Arbeit ginge. Tut er nicht. KND wäre nicht KND, hätte er den Bericht unkommentiert gelassen. Das wahre Drama dieser Episode tritt aber in der daraufhin entstandenen DPA-Meldung zutage. Der Agentur sagte der junge Neven DuMont nicht nur:

"Ich habe am 6. Dezember einen Brief bekommen, dass ich gekündigt wurde" und
"Ich hoffe ja, dass es noch zu einer friedlichen Lösung kommt. Am liebsten würde ich zurückkommen und wieder Vorstand und Herausgeber sein. Aber das scheint nicht gewollt zu sein."

Sondern auch noch, dass er seinen auf so einige Millionen Euro geschätzten Anteil an der Verlagsgruppe "frühestens im Jahr 2020" ausgezahlt bekommen könnte. Insofern stellt sich jetzt die Frage, was aus seinen Plänen eines eigenen Medienkritik-Portals werden wird.
(Wobei übrigens der "Verleger(-Sohn)", der in "medienkritischem Inhalt... eine Geschäftschance im Internet" sieht, auch in der Diskussion unter der am Montag publizierten Ankündigung des Blogs Carta, sich aus offensichtlich finanziellen Gründen "neu aufzustellen", vorkommt. Allerdings - noch - nicht als Kommentator...).

Die Geschäfte mit Journalismus im Internet bleiben schwierig, auch auf dem großen Fuß der Verlage wie Axel Springer oder eben MDS. Das weiß aktuell und relativ breaking das Handelsblatt zu berichten. Anlass dort ist mal wieder Apple, das eine bereits gegebene Zusage an die beiden Verlage, "den beliebten Tablet-PC namens iPad in einem Paket mit Zeitungsabonnements vertreiben zu können", zurückgezogen habe. Ausgerechnet jetzt im Weihnachtsgeschäft.

[listbox:title=Artikel des Tages[US-Außenministerium über Assange (gulli.com)##C. Rath über schwedisches Recht (TAZ)##SZ über Neven DuMonts Rückkehr##DPA über Neven DuMonts Rückkehr##MDS- und Springer-Ärger wg. Apple (HB)##Die Kika-Affäre (Thüringer Allg.)]]

Wo die Einnahmen verlässlicher fließen, z.B. im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, gibt es andere Probleme. Und damit noch an den Kinderkanal-Sitz Erfurt. Zu den gerade (siehe Altpapier gestern) bekannt gewordenen Vorwürfen gegen einen verhafteten leitenden Mitarbeiter berichtet die Berliner Zeitung neue Details. So sei in der Anstalt das Vier-Augen-Prinzip, das spätestens seit der Affäre um Doris Heinze als Mittel gegen solche Probleme galt, in Kraft gewesen. Habe aber nichts geholfen:

Marco "K. war aber offenbar so gut über die Abläufe und Kontrollen im Bilde, dass er den Sender und dessen Prüfer täuschen konnte. Er habe mit großer krimineller Energie gehandelt, heißt es."

Er habe "an Spielsucht gelitten" und daher viel Geld gebraucht, heißt es ebd. auch, und zwar unter Berufung auf die Thüringer Allgemeine. Die liegt im Internet ja nur einen Klick weit entfernt und berichtet in der Tat noch ausführlicher. Z.B. über die Beteuerungen des MDR, doch auch schon von sich aus K. verdächtigt zu haben, und darüber, dass dieser "kurz vor dem Antritt einer Reise in die USA" verhaftet worden sei.
 


Altpapierkorb


+++ Zum gestern an dieser Stelle verlinkten Telepolis-Artikel Rüdiger Suchslands über die Öffentlich-Rechtlichen mit der abstrusen These, "50 Prozent aller Rundfunk-Gebühren" entfielen "allein auf Zahlung der Rentenbezüge ehemaliger Angestellter", hat Altpapierleser Mic eine gehörige Gegenrede mit weiterführenden Links verfasst. +++

+++ Zur von den ARD-Intendanten beschlossenen Verdrängung der Dokumentarfilmer zu Gunsten des Zehn-Mio.-Euro-Neuzugangs Günther Jauch hat die TAZ weitere Stimmen (Heiner Stadler, Professor für Dokumentarfilm an der HFF München: "Das ist eine Katastrophe") eingeholt. +++ Die Rundfunkräte wollen zumindest mal über die diesbezügliche Intendantenentscheidung talken (DPADPA). +++

+++ Trotz des oben erwähnten Apple-Ärgers bleibt der Springer-Verlag natürlich ein Fan der iGeräte. Die neue App der Bild-Zeitung fürs iPad, die (oder das zumindes Veronica Ferres "super!" findet). Die App ist "so aufwändig und komplex, dass das iPad manchmal selbst nicht so ganz hinterherzukommen scheint", würde Stefan Winterbauer (meedia.de) sagen. Wenn Verlagschef Mathias Döpfner sagt, "die Bereitschaft, für qualitativ hochwertige Angebote im Netz zu zahlen, wachse weiter", freut das natürlich den Tagesspiegel. +++

+++ Gleich zweimal kommt die "Bild"-Zeitung zu Zitations-Ehren in dem großen Tagesspiegel-Bericht darüber, dass der Entertainer Thomas Gottschalk die ZDF-Jahresrückblicksshow (in dem u.a. Karl-Theodor zu Guttenberg und Alice Schwarzer endlich mal wieder zu sehen sind) jetzt doch moderieren möchte. +++

+++ Die TAZ war beim 3. deutsch-chinesischen Mediendialog in Peking dabei (und berichtet heute wegen ders Friedensnobelpreises viel über die Lage der Freiheit in China).+++

+++ Die jüngste Wendung im Kachelmann-Prozess, die Forderung von Jörg Kachelmanns neuem Verteidiger Johann Schwenn, die Redaktionen der Burda-Zeitschriften Bunte und Focus durchsuchen zu lassen, beschäftigt einstweilen nur die Vermischtes-Ressorts (z.B. bei faz.net). +++

+++ Die Medienseite der FAZ befasst sich zum "Lindenstraßen"-Jubiläum mit dem doppelt so alten britischen Vorbild "Coronation Street". +++ Die der Süddeutschen mal wieder ausführlich mit der stabilen Krise beim öffentlich-rechtlichen österreichischen ORF. +++ Und kürzer mit dem Erfolg der Gratiszeitung Metro in Russland: "Eine Zeitung umsonst zu bekommen, ohne am Kiosk warten zu müssen, das ist spätestens seit der Wirtschaftskrise ein Argument." +++

+++ Die Berliner Zeitung hat sich das riesige Angebot an Tierzeitschriften mal angeschaut. +++

Neues Altpapier gibt's wieder am Freitag.